autor Oidhaco 3.9.2012
Der kolumbianische Präsident Santos kündigte die Aufnahme von Friedensgesprächen mit der Guerillagruppe farc für den 05.10.2012 in Oslo an. Ein Vorabkommen sei bereits vereinbart. Auch die Guerilla des Nationalen Befreiungsheeres ELN sollte sich beteiligen.
Pressemitteilung
Die europäische Union muss den Prozess begleiten und die Forderungen der Opfer und Initiativen der kolumbianischen Zivilgesellschaft unterstützen.
Brüssel, 3. September 2012: oidhaco hat die EU bereits mehrfach gebeten, gegenüber der kolumbianischen Regierung darauf zu bestehen, dass diese alle Kräfte auf die Erreichung eines Friedens ausrichte anstatt den Krieg fortzusetzen. Wir sind überzeugt, dass ein Ende des bewaffneten Konflikts nicht mit militärischen Mitteln erreicht werden kann. Im Gegenteil bedeutet dieser täglich mehr Tod und Schmerz und hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits tausende von zivilen Opfern gefordert. Darum begrüßt das oidhaco Netzwerk die Entscheidung der kolumbianischen Regierung und der FARC Guerilla Friedensgespräche zu beginnen.
Die Ankündigung weckt große Hoffnungen in der kolumbianischen Zivilgesellschaft. Für einen nachhaltigen Frieden ist es unerlässlich, dass die dem bewaffneten Konflikt zugrunde liegenden Ursachen im Friedensprozess berücksichtigt werden. Diese bestehen u.a. in der Aneignung von Bauernland, in der Landkonzentration, in der sozialen Ungleichheit, im Mangel an sozialer Gerechtigkeit und demokratischen Garantien sowie in der systematischen Verletzung der Menschenrechte und der Straflosigkeit für die Täter, warnt Vincent Vallies, Sprecher von oidhaco.
Der Friedensprozess muss auf einer soliden Basis des Respekts für die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht errichtet werden. Dafür ist es dringend erforderlich, dass alle Beteiligten die Feindseligkeiten einstellen. Die Verhandlungspartner FARC und Regierung, aber auch die Guerilla des Nationalen Befreiungsheeres (ELN) müssen es ermöglichen, dass letztere sich dem Verhandlungsprozess ebenfalls anschließt.
Wir weisen an dieser Stelle nochmals auf unsere Unterstützung für die kolumbianische Zivilgesellschaft hin, ohne deren Impulse für eine Friedenssuche dieser Moment der Öffnung für Gespräche nicht erreicht worden wäre. Dabei mussten die sozialen Organisationen nur allzu oft Verständnislosigkeit und Herabwürdigungen überwinden, die das Leben ihrer Mitglieder in Gefahr brachten. Wir nehmen die Unterstützung der EU für diesen beginnenden Prozess zur Kenntnis, der nach den Worten der Aussenbeauftragten Ashton ein positives Ereignis darstellt. Die EU sollte jedoch einen kritischen Blick beibehalten und effektive Maßnahmen zur Mitwirkung der Zivilgesellschaft während der einzelnen Etappen des Prozesses vorschlagen. Die Erfahrung zeigt, dass ein dauerhafter Frieden ohne diese nicht erreicht werden kann. Insbesondere sollten die historisch am wenigsten sichtbaren Sektoren der Gesellschaft berücksichtigt werden wie z.B. die indigene, afrokolumbiansiche und bäuerliche Bevölkerung sowie Frauenorganisationen.
Der Erfolg eines jeden Friedensprozesses wird auch von der Fähigkeit der kolumbianischen Regierung abhängen, ein Mindestmaß an politischen und demokratischen Garantien für die Opposition zu gewährleisten, die Brandmarkung sozialer Proteste zu beenden und effektive Mechanismen zur Einbeziehung der Zivilgesellschaft in öffentliche Angelegenheiten zu entwickeln. Sie muss außerdem einen Prozess vorantreiben, in dem die Opfer des bewaffneten Konflikts Zugang zu Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung erhalten und dabei nicht Gefahr laufen, dass sich die Verletzungen ihrer Grundrechte wiederholen oder Raum für die Straflosigkeit der Täter fortbesteht. In diesem Sinne bitten wir die EU, den Aufruf des Büros der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte in Bogotá zu unterstützen, in dem die Verhandlungspartner und die Zivilgesellschaft daran erinnert werden, dass kein Widerspruch zwischen Frieden und Gerechtigkeit besteht ( ). Die schweren Verbrechen dürfen weder amnestiert noch vergessen werden. Im Gegenteil wird die Auseinandersetzung mit ihnen zur Veränderung in Kolumbien beitragen.
Wir gehen davon aus, dass mit der Beendigung des Krieges noch kein Frieden erreicht, aber ein notwendiger Schritt getan wird. Die Errichtung eines andauernden und nachhaltigen Friedens kann nur unter aktiver Mitwirkung der unterschiedlichen Sektoren der kolumbianischen Gesellschaft erreicht werden, wenn die Menschenrechte respektiert und soziale Gerechtigkeit gewährleistet werden. Für diesen Prozess ist die Begleitung durch die internationale Gemeinschaft notwendig. Darum sollte die EU, ähnlich wie Norwegen, diesen wichtigen Prozess begleiten und insbesondere die Vorschläge der Organisationen der Zivilgesellschaft darin zur Geltung bringen. Wir weisen auf die Notwenigkeit hin, die Situation der Menschenrechte im Land zu beobachten und heute mehr denn je die Sorge über den mangelnden Schutz von Menschenrechtsverteidiger/innen und sozialen Führungspersönlichkeiten zum Ausdruck zu bringen.
Das internationale Menschenrechtsbüro Aktion Kolumbien (Oficina Internacional Derechos Humanos Acción Colombia): oidhaco vertritt ein Netzwerk von mehr als 30 europäischen Organisationen. Mit Sitz in Brüssel begleitet oidhaco Initiativen der kolumbianischen Zivilgesellschaft in der Suche nach Respekt für die Menschenrechte und das internationale Völkerrecht sowie einer Verhandlungslösung für den bewaffneten Konflikt.