Eilaktion: Kolumbien, Afrokolumbianer verschleppt

Brot für die Welt Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde des Menschenrechtsnetzes, in der Hoffnung, dass Sie eine gute Sommerpause hatten, wenden wir uns an Sie mit einer Eilaktion nach Kolumbien: Francisco Pineda und Everto González, beide Gemeinderatsmitglieder der Stadt Caracolí im Nordwesten, wurden von paramilitärischen Truppen entführt. Amnesty International befürchtet, dass […]

Brot für die Welt

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde des Menschenrechtsnetzes,

in der Hoffnung, dass Sie eine gute Sommerpause hatten, wenden wir uns an Sie mit einer Eilaktion nach Kolumbien: Francisco Pineda und Everto González, beide Gemeinderatsmitglieder der Stadt Caracolí im Nordwesten, wurden von paramilitärischen Truppen entführt. Amnesty International befürchtet, dass sie und weitere Mitglieder der afro-kolumbianischen Gemeinschaft in Lebensgefahr sind.

Am 1. August beobachteten ZeugInnen, wie sich eine Gruppe Paramilitärs in Caracolí im Gebiet La Florida im Curvaradó-Flussbecken dem Gemeinderatsmitglied Francisco Pineda näherte. Sie teilten ihm mit, dass sie einige „Landprobleme lösen“ wollten und nahmen ihn mit. Später am selben Tag konnte Francisco Pineda seine Familie darüber informieren, dass er von Paramilitärs festgehalten werde. Seitdem hat seine Familie nichts von ihm gehört und auch sein Aufenthaltsort ist nicht bekannt.

Am 23. Juli kam in Gengadó Medio im Curvaradó-Flussbecken eine Gruppe von Paramilitärs auf Everto González zu, ebenfalls ein Gemeinderatsmitglied von Caracolí. Sie erklärten „Du musst mit uns kommen, wir lösen das Landproblem“. Er wurde gezwungen mitzugehen und ist seitdem nicht mehr gesehen worden. Am 1. August teilten Paramilitärs  Verwandten und NachbarInnen seines Neffen, Álvaro González, mit, dass sie nun nach Álvaro González suchten, um ihn zu töten.

Viele Mitglieder afro-kolumbianischer Gemeinden in der Region, einschließlich Gemeinderatsmitglieder, werden von Paramilitärs bedroht, weil sie ihre Landrechte verteidigen und sich gegen Palmölproduktionsfirmen wehren. Enrique Petro, Gemeinderatssprecher von Andalucía, erhielt – wie viele andere – vor kurzem Morddrohungen. Paramilitärische Aktionen wurden im Gebiet des Curvaradó-Flussbeckens, wo die Brigade XVII des Militärs stationiert ist, bereits wiederholt angeprangert.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die EinwohnerInnen des Curvaradó- und des benachbarten Jiguamiandó-Flussbeckens wurden 1997 von Paramilitärs von ihrem Land vertrieben. Seitdem wurden über 100 dieser Gemeindemitglieder ermordet, um dort illegale Ölpalmen-Plantagen anzulegen. Viele afro-kolumbianische Vertriebene kehrten auf ihr Land zurück, nachdem die Regierung im Jahr 2000 ihre kollektiven Grundbesitzrechte anerkannt hatte, mussten aber feststellen, dass auf ihrem Land rechtswidrig Ölpalmen und andere kommerziell nutzbare Produkte angebaut wurden. Neben Drohungen und Morden sehen sich die zurückgekehrten Menschen immer wieder Versuchen der AnbauerInnen von Ölpalmen gegenüber, sie mit Hilfe von gefälschten Eigentumsurkunden zu vertreiben.

2007 kehrten die EinwohnerInnen von Caracolí in das Gebiet zurück. Seitdem wurden viele Gemeindemitglieder bedroht und kamen durch paramilitärische Gruppen und/oder Streitkräfte der Regierung zu Tode. Im Jahr 2000 wurde Jorge González, der Bruder von Everto González von Paramilitärs getötet, weil er sich weigerte, das Land an Paramilitärs abzugeben.

Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte der Organisation Amerikanischer Staaten hat die kolumbianischen Behörden wiederholt aufgefordert, angemessene Maßnahmen einzuleiten, um die Sicherheit der afro-kolumbianischen Gemeinden von Curvaradó und Jiguamiandó zu gewährleisten. Die kolumbianischen Behörden haben aber bislang keine effektiven Maßnahmen ergriffen, um die Aufforderungen des Gerichtshofes umzusetzen.

Die konfessionsübergreifende Nichtregierungsorganisation für Gerechtigkeit und Frieden‚ Comisión Intereclesial de Justicia y Paz‘ arbeitet mit den Gemeinden in den Curvaradó- und Jiguamiandó-Flussbecken zusammen. Seit dem Amtsantritt von Präsident Santos hat die Organisation zwei Fälle von Verschwindenlassen, acht Vertreibungen und 32 Drohungen, auch gegen Gemeinderatsmitglieder, dokumentiert.

Wir möchten Sie hiermit bitten, den Herren Francisco Pineda und Everto González zu helfen, dass sie unversehrt wieder nach Hause kommen; dass einerseits eine Untersuchung eingeleitet wird, die die Vorfälle aufklärt und diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die sie durchgeführt haben, und andererseits ihre weitere Sicherheit gewährleistet wird und die paramilitärischen Gruppen aufgelöst werden.

Bitte senden Sie per Post oder per Fax die beigefügten Briefe so schnell wie möglich, jedoch spätestens bis zum 21. September 2011, an die angegebenen Adressen oder Fax-Nummern, um Ihre Betroffenheit zum Ausdruck zu bringen. Sollten Sie die Schreiben per Fax schicken, kann es sein, dass jemand abhebt, bitte sagen Sie dann: „me dá tono de fax por favor“. Beim faxen nach Kolumbien kann auch die Zeitverschiebung wichtig sein, wenn dort kein automatisches Faxgerät steht.

Bitte schicken Sie auch je eine unterschriebene Kopie der Appelle an die beiden unten angegebenen Adressen.

Anlagen: 2 spanische Briefe

Es folgt eine freie Übersetzung der gleichlautenden beigefügten Briefe

Seine Exzellenz Herr Präsident Santos / Sehr geehrter Herr Minister Vargas Lleras,

Von Amnesty International und „Brot für die Welt“, Aktion der Evangelischen Kirchen in Deutschland, habe ich von den Entführungen der Herren Francisco Pineda y Everto González durch paramilitärische Gruppen erfahren. Sie sind beide Gemeinderatsmitglieder der Stadt Caracolí im Nordosten des Landes.

Ich bin um ihre und die Sicherheit von Álvaro González, Enrique Petro und anderen Gemeinderatsmitgliedern, die bedroht wurden, besorgt und bitte Sie darum, alles erdenklich Mögliche dafür zu tun, dass sie unversehrt nach Hause kommen.

Ich bitte Sie, eine vollständige, unparteiische und unabhängige Untersuchung über das Verschwindenlassen von Francisco Pineda, Everto González und weiteren afro-kolumbianischen Gemeindemitgliedern einzuleiten, die Ergebnisse zu veröffentlichen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

Des Weiteren müssen – in Übereinstimmung mit den von Ihrer Regierung eingegangenen Verpflichtungen und den Empfehlungen der Vereinten Nationen und weiterer Organisationen – die paramilitärischen Gruppen sofort aufgelöst und deren Verbindungen mit den Sicherheitskräften unterbunden werden.

Hochachtungsvoll

Bitte schicken Sie die Appelle an: (siehe Adresskopf der beigefügten Briefe)
· Staatspräsident, Sr. Juan Manuel Santos
· Innen- und Justizminister Germán Vargas Lleras

Kopien jeweils beider Briefe an:
· Botschaft der Republik Kolumbien, I. E. Frau Dr. M. D. V. Mejía Marulanda
· Menschenrechtsorganisation Comisión Intereclesial de Justicia y Paz

Briefe

http://www.kolko.de/downloads/UA_Kolumbien _span1_brief.pdf

http://www.kolko.de/downloads/UA_Kolumbien _span2_brief.pdf