Urgent Action: Von Paramilitärs bedroht

Paramilitärs sind auf der Suche nach Ligia María Chaverra und Enrique Petro, SprecherInnen der afro-kolumbianischen Gemeinde im Curvaradó-Becken im Norden Kolumbiens. Sie befinden sich in Lebensgefahr.

autor: amnesty international

http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-021-2013/von-paramilitaers-bedroht

UA-021/2013  Index  / AMR 23/003/2013

24. Januar 2013

LIGIA MARÍA CHAVERRA, afro-kolumbianische Gemeindesprecherin
ENRIQUE PETRO, afro-kolumbianischer Gemeindesprecher

  •  SCHREIBEN SIE BITTE
  •  APPELLE AN
  •  HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Paramilitärs sind auf der Suche nach Ligia María Chaverra und Enrique Petro, SprecherInnen der afro-kolumbianischen Gemeinde im Curvaradó-Becken im Norden Kolumbiens. Sie befinden sich in Lebensgefahr.

Am 22. Januar erschienen zwei Männer auf Motorrädern in der humanitären Zone Las Camelias (Zona Humanitaria de Las Camelias) im Municipio El Carmen del Darién im Departamento Chocó. Die Männer, bei denen es sich vermutlich um Paramilitärs handelte, suchten nach Ligia María Chaverra, einer Sprecherin der afro-kolumbianischen Gemeinde. Berichten zufolge sagten sie: „Wir müssen mit ihr sprechen und mit keinem sonst“ („Nosotros tenemos que hablar con ella y con nadie más“). In den vergangenen Monaten haben Paramilitärs Ligia María Chaverra und weitere 40 GemeindesprecherInnen zu militärischen Zielen erklärt und damit die Absicht zum Ausdruck gebracht, sie zu töten. Am 15. Januar fuhren sieben Männer auf Motorrädern in die ganz in der Nähe gelegene humanitäre Zone Andalucía (Zona Humanitaria de Andalucía), wo sie nach Enrique Petro fragten. Als Enrique Petro Angehörige der Streitkräfte über den Vorfall informierte, erklärten diese, dass die sieben Männer in der Nähe leben, ihre Identitäten jedoch nicht bekannt seien. Auch Ortsansässige haben erklärt, die Männer nicht zu kennen.

Trotz des hohen Militäraufkommens erhält Amnesty International immer wieder Berichte über die Anwesenheit von Paramilitärs in der Region. Da die SoldatInnen, die auf der Grenze der humanitären Zone Andalucía stationiert waren, seit dem 15. Januar abgezogen worden sind, besteht erhöhter Grund zur Sorge um die Sicherheit von Enrique Petro.

Im Dezember 2012 hat Enrique Petro in Medellín gegen BetreiberInnen von Plantagen mit afrikanischen Ölpalmen ausgesagt, die sich unrechtmäßig auf Gebieten der afro-kolumbianischen Gemeinden niedergelassen haben. Enrique Petro wurde seitdem wiederholt von Paramilitärs und PlantagenarbeiterInnen bedroht, die sagten, dass sie von seiner Aussage gegen sie wüssten.

SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bin sehr besorgt um die Sicherheit von Ligia María Chaverra, Enrique Petro und weiteren GemeindesprecherInnen im Curvaradó- und Jiguamiandó-Becken. Leiten Sie bitte in Absprache mit Ligia María Chaverra und Enrique Petro wirksame Schutzmaßnahmen für sie ein.
  • Führen Sie bitte eine vollständige und unparteiische Untersuchung der von Paramilitärs in den vergangenen Monaten ausgesprochenen Drohungen durch, Ligia María Chaverra, Enrique Petro und 40 weitere GemeindesprecherInnen töten zu wollen. Veröffentlichen Sie die Ergebnisse dieser Untersuchung und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
  • Leiten Sie bitte außerdem unverzüglich Maßnahmen zur Auflösung paramilitärischer Gruppierungen sowie ihrer Verbindungen zu Sicherheitskräften ein.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
Presidente Juan Manuel Santos
Presidente de la República
Palacio de Nariño
Carrera 8 No. 7-26, Bogotá
KOLUMBIEN
(Anrede: Dear President Santos / Excmo. Sr. Presidente Santos / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631

VERTEIDIGUNGSMINISTER
Juan Carlos Pinzón
Ministerio de Defensa
Carrera 54, no. 26-29
Centro Administrativo Nacional (CAN)
Bogotá
KOLUMBIEN
(Anrede: Dear Minister / Estimado Sr. Ministro / Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister)
Fax: (00 57) 1 266 1003

KOPIEN AN
MENSCHENRECHTSORGANISATION
Comisión Intereclesial de Justicia y Paz
Calle 61A, No. 17-26 (Chapinero)
Bogotá
KOLUMBIEN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S. E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Kurfürstenstr. 84
10787 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: info@botschaft-kolumbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 7. März 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Ein im Dezember 2012 veröffentlichter Bericht des Instituts für Entwicklung im ländlichen Raum (Insitituto Colombiano de Desarrollo Rural) listete die Namen von Geschäftsleuten auf, die Land, das zu dem gemeinschaftlich von den afro-kolumbianischen Gemeinden genutzten Gebiet gehört, illegal bewirtschaften. Der Verfassungsgerichtshof bestimmte in einer Gerichtsentscheidung vom 18. Dezember 2012 (Auto 299) zeitliche Vorgaben und Kriterien für die Regierung, mit denen die Rückgabe des Landes, das sich agrarindustrielle Unternehmen widerrechtlich angeeignet haben, an die afro-kolumbianischen Gemeinden sichergestellt werden soll. In der Vergangenheit ist es immer wieder zu Drohungen und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gekommen, wenn die Regierungsbehörden versucht haben, Gerichtsentscheidungen oder anderweitige Bestimmungen umzusetzen, mit denen die Rückgabe von widerrechtlich angeeignetem Land sichergestellt werden sollte.

Im November 2012 haben Paramilitärs ihr Lager in der Gemeinde El Guamo, ebenfalls im Municipio El Carmen del Darién, aufgeschlagen. Sie gaben sich als die Autodefensas Gaitanistas de Colombia aus und bedrohten den Gemeinderat. Sie erklärten, dass die Mitglieder des Gemeinderates die Konsequenzen tragen müssten, sollten sie verraten, dass die Paramilitärs sich dort aufhielten, und sagten, sie würden das Gebiet von Dieben „reinigen“. Außerdem befragten sie Zivilpersonen nach der Anwesenheit von Angehörigen der Guerillabewegung FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia).

2008 setzte ein Geschäftsmann ein Kopfgeld auf Manuel Denis Blandón aus, der in der Vergangenheit als Rechtsbeistand für den Gemeinderat und Ligia María Chaverra gearbeitet hatte. Der Geschäftsmann stand in Verbindung zu den VertreterInnen der regionalen Palmölindustrie und soll mit örtlichen Paramilitärs zusammengearbeitet haben.

Enrique Petro gab im April 2006 vier Hektar seines eigenen Landes an die vertriebenen Menschen aus den Regionen Curvaradó und Jiguamiandó ab, damit auf diesem Gebiet eine der ehemals zahlreichen „humanitären Zonen“ gegründet werden konnte. Die BewohnerInnen dieser abgegrenzten Gebiete fordern, dass die Konfliktparteien ihre Entscheidung respektieren, nicht in die Auseinandersetzungen hineingezogen zu werden. Dies ist einerseits eine Schutzmaßnahme, andererseits soll es den kämpfenden Gruppen zeigen, dass die Rechte von Zivilpersonen respektiert werden müssen.

In den letzten Jahren sind viele von den Menschen, die in den 1990er-Jahren von Paramilitärs und Sicherheitskräften gewaltsam von ihrem Land vertrieben worden waren, in die afro-kolumbianischen Gemeinden von Curvaradó und Jiguamiandó zurückgekehrt. Die Gemeinden versuchen, ihre Landrechte zu verteidigen und die weitere Ausdehnung von illegalen Ölpalmenplantagen sowie von anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten auf ihrem Land zu verhindern. Viele Angehörige der Gemeinden sind in der Folge bedroht und getötet worden. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Angehörige der Gemeinden von Curvaradó und Jiguamiandó, die sich über die Vereinnahmung ihres Landes durch Palmenplantagen und andere Wirtschaftsinteressen beschwert hatten, von Paramilitärs getötet worden. Trotz der hohen Militärpräsenz befinden sich weiterhin zahlreiche paramilitärische Gruppierungen in diesem Gebiet.

Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte hat vorläufige Sicherheitsmaßnahmen für Enrique Petro und María Ligia Chaverra angeordnet und die kolumbianischen Behörden wiederholt dazu aufgefordert, wirksame Schritte zu ergreifen, um die Sicherheit der Angehörigen der afro-kolumbianischen Gemeinden von Curvaradó und Jiguamiandó sicherzustellen. Bisher ist die kolumbianische Regierung diesen Forderungen jedoch noch nicht nachgekommen.

Angehörige von afro-kolumbianischen, indigenen und Kleinbauern-Gemeinden gehören zu denen, die am meisten unter dem langanhaltenden internen bewaffneten Konflikt in Kolumbien leiden. Sie werden immer wieder Opfer des Verschwindenlassens durch Paramilitärs und Sicherheitskräfte, die entweder selbstständig operieren oder mit dem Militär zusammenarbeiten, oder werden von Guerillagruppierungen entführt.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern for the safety of Ligia María Chaverra, Enrique Petro and other community leaders in the Curvaradó and Jiguamiando River Basin, and urging the authorities to provide effective protection for Ligia María Chaverra and Enrique Petro in accordance with their wishes.
  • Calling on the authorities to order a full and impartial investigation into paramilitary threats to kill Ligia María Chaverra, Enrique Petro and 40 community leaders in recent months and to make the results public and bring those responsible to justice.
  • Urging them to take immediate action to dismantle paramilitary groups and break their links with the security forces.