Kolumbien-aktuell No. 557 und Monatsbericht | März 2016

Liebe Leserinnen und Leser Diesen Monat widmet sich der Newsletter den Verhandlungen zwischen der Farc und der kolumbianischen Regierung auf Kuba und der Zunahme an Angriffen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen durch paramilitärische Gruppen. Zudem geht es um die neusten Urteile des Verfassungsgerichtes zu Gunsten der Umwelt und der lokalen Bevölkerung. Im Monatsbericht erzählen zwei MenschenrechtsverteidigerInnen über beschönigende […]

Liebe Leserinnen und Leser

Diesen Monat widmet sich der Newsletter den Verhandlungen zwischen der Farc und der kolumbianischen Regierung auf Kuba und der Zunahme an Angriffen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen durch paramilitärische Gruppen. Zudem geht es um die neusten Urteile des Verfassungsgerichtes zu Gunsten der Umwelt und der lokalen Bevölkerung. Im Monatsbericht erzählen zwei MenschenrechtsverteidigerInnen über beschönigende Politik und die krude Realität in Kolumbien.

Solidarische Grüsse aus der Redaktion!

I.  Artikel

Verhandlungen auf Kuba verzögern sich

Seit dreieinhalb Jahren laufen die Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der grössten Guerillagruppe Kolumbiens, den Bewaffneten Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc). Am 23. März hätte das historische Abkommen zwischen den beiden Parteien unterzeichnet werden sollen. Nun verzögert sich der Abschluss der Verhandlungen in Havanna. ExpertInnen sehen das Abkommen jedoch auf einem guten Weg, zu einem dauerhaften Frieden hin gibt es jedoch noch viele Herausforderungen zu meistern.

(Von Cornelia Britt)

http://www.askonline.ch/themen/friedensfoerderung/friedensverhandlungen/verhandlungen-auf-kuba-verzoegern-sich/

Zunahme der Gewalt gegen MenschenrechtsverteidigerInnen

Während dem die Gewalt durch die grösste Guerilla-Gruppe Farc in den letzten acht Monaten im Rahmen der Verhandlungen auf Kuba abgenommen hat, stellen verschiedene Organisationen eine Zunahme an Angriffen gegenüber MenschenrechtsverteidigerInnen fest. 2015 wurde alle sechs Tage ein/e AktivistIn getötet. ExpertInnen befürchten eine weitere Zunahme der Gewalt nach der Entwaffnung der Farc.

(Von Cornelia Britt)

http://www.askonline.ch/themen/menschenrechte/analysen-und-berichte-der-ask/zunahme-der-gewalt-gegen-menschenrechtsverteidigerinnen/

Weitere Urteile zu Gunsten der Umwelt und der Selbstbestimmung lokaler Bevölkerungsgruppen

In den letzten Wochen sind Urteile gefällt oder bekannt gegeben worden, die die Rechte ethnischer und ländlicher Gemeinschaften gegenüber der Rohstoffausbeutung stärken. So wurde die Erdölförderung durch Pacific im Meta wegen mangelnder Konsultation eingeschränkt, und das Verfassungsgericht schützt die Rechte von zwei afrokolumbianischen Bauerngemeinschaften im Einflussbereich der Kohlenmine Cerrejón. Die Volksbefragung über Bergbau in Ibagué hat eine weitere Hürde genommen, und die kolumbianische Regierung hat endlich acht Páramos abgegrenzt und damit unter Schutz gestellt.

(Von Stephan Suhner)

http://www.askonline.ch/themen/natuerliche-ressourcen-und-agrarfrage/ressourcenabbau-und-nachhaltigkeit/weitere-urteile-zu-gunsten-der-umwelt-und-der-selbstbestimmung-lokaler-bevoelkerungsgruppen/

II. Monatsbericht:  

Frieden und Menschenrechte: beschönigende Bilder, grosse Herausforderungen und krude Realität in den Regionen

Am 10. März 2016 traf die ask! Martin Ayala von der Menschenrechtsorganisation COSPACC und Ana María Rodríguez von der kolumbianischen Juristenkommission CCJ zu einem Gespräch. Die beiden nahmen als Vertretung der Menschenrechtskoordination Kolumbien-Europa-USA CCEEU an der Session des UNO Menschenrechtsrates in Genf teil. Hauptthemen des Gespräches waren die Menschenrechtssituation und der Friedensprozess sowie die Lage in Casanare und die Schwierigkeiten mit den Erdölfirmen.

(Von Stephan Suhner und Cornelia Britt)

http://www.askonline.ch/publikationen/monatsberichte/frieden-und-menschenrechte-beschoenigende-bilder-grosse-herausforderungen-und-krude-realitaet-in-den-regionen/

III. Apropos

Glencore CEO Ivan Glasenberg hält Versprechen gegenüber kolumbianischen Gemeinschaften nicht ein

Vor genau einem Jahr befanden sich zwei VertreterInnen der ask! mit Ivan Glasenberg und dem obersten Glencore-Management sowie mit zwei BürgerInnen aus dem Knonauer Amt in Kolumbien, um über die Unternehmenspolitik zu diskutieren und von Glencores Kohleminen betroffene Gemeinschaften zu besuchen. Dabei versprach Ivan Glasenberg, die umgesiedelten Gemeinschaften mit Wasser zu versorgen und die Umsiedlungsprozesse zu beschleunigen. Passiert ist ein Jahr später noch fast nichts. Aus diesem Grund überreicht die ask! Glencore heute einen von rund 70 Persönlichkeiten unterzeichneten offenen Brief, in dem einmal mehr dringende Lösungen für die betroffenen Gemeinschaften gefordert werden.

http://www.askonline.ch/

ELN und Kolumbiens Regierung setzen sich an den Verhandlungstisch

Nach den Verhandlungen mit der Farc gab die kolumbianische Regierung am 30. März die Aufnahme von Verhandlungen mit der zweitgrössten Guerilla Kolumbiens, dem Ejército de Liberación Nacional (ELN), bekannt. UnterhändlerInnen beider Seiten einigten sich in Caracas auf die Eckpunkte der Friedensgespräche. Zur Verhandlung stehen ein Waffenstillstand, die Entschädigung der Opfer, Sicherheitsgarantien für ELN-Kämpfer und die politische Zukunft der Organisation. Man wolle dem Konflikt ein Ende setzen, die politische Gewalt beenden und die Situation der Opfer in den Mittelpunkt stellen, hiess es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Gespräche finden zunächst in Ecuador statt. Weiter soll es Verhandlungsrunden in Kuba, Brasilien, Chile und Venezuela geben. Der Aufnahme von Verhandlungen waren mehr als zwei Jahre Gespräche zwischen der ELN und der kolumbianischen Regierung vorangegangen. Wann genau die Verhandlungen eröffnet werden, ist noch nicht bekannt. Die Gespräche finden unabhängig von denen mit den Farc statt. Die Agenden der Verhandlungen mit der Farc und dem ELN unterscheiden sich, wenn auch Erfahrungen aus den Verhandlungen mit der Farc einfliessen werden. Die ELN fordern u.a. eine aktive Teilnahme der Bevölkerung in den Regionen am Friedensprozess.

http://www.elespectador.com/noticias/paz/fin-arranco-proceso-de-paz-entre-el-gobierno-y-eln-articulo-624540

http://www.eltiempo.com/politica/proceso-de-paz/proceso-de-paz-con-el-eln/16550449

Breite Unterstützung für Nationalen Streik- und Protesttag am 17. März

Am 17. März 2016 fand in unzähligen Städten und Regionen ein weiterer Nationaler Streiktag statt, der vom Nationalen Einheitskommando der Gewerkschaftsverbände (Comando Nacional Unitario der CUT, CGTD und CTC), USO und Fecode, den Organisationen der Lastwagenfahrer, dem Congreso de los Pueblos und der Agrarorganisationen ausgerufen wurde. Der Aufruf erfolgte schon am 24. Januar 2016, dem vorangegangenen Protesttag, protestiert wurde gegen die ungenügende Erhöhung des Mindestlohnes, die Wirtschaftskrise und die regressiven Massnahmen der Regierung z.B. bei der Steuerpolitik sowie für einen Frieden mit strukturellen Reformen und für das Recht auf Protest. Die Kleinbauernorganisationen, die in der Cumbre Agraria organisiert sind, protestieren wegen den mangelnden Fortschritten in den Verhandlungen mit der Regierung, wegen den fehlenden Lösungen für die Landfrage und kollektiven Territorien, Energie- und Bergbaufragen, ein eigenes Wirtschaftsmodell gegen die Vertreibung, politische Rechte und Sicherheitsgarantien sowie eine andere Drogenpolitik. Über eine Million Personen demonstrierten in über 100 Städten und Gemeinden, allein in Bogotá über 15‘000. Die breite Teilnahme zeugt von zunehmender Unzufriedenheit gegenüber der Wirtschaftspolitik der Regierung Santos und einer Zunahme der sozialen Mobilisierung für einen Frieden mit wirklichen Transformationen. Am 9. April und 1. Mai sind weitere Mobilisierungen geplant. Leider kam es in verschiedenen Städten zu Zusammenstössen von DemonstrantInnen mit der ESMAD-Polizei. Die sozialen Bewegungen beklagten staatliche Provokation und Repression.

http://www.semanariovoz.com/2016/03/11/campesinos-en-movilizacion-del-17-de-marzo-este-paro-es-para-calentar/

http://www.eltiempo.com/economia/sectores/paro-nacional-el-17-de-marzo-anuncian-centrales-obreras/16510861

http://colombiainforma.info/politica/3171-opinion-que-sigue-luego-del-17-de-marzo

http://congresodelospueblos.org/ejes-y-sectores-vista/derechos-humanos/item/863-exitosa-jornada-de-protesta-se-desarrolla-en-medio-de-la-represion-y-el-saboteo-estatal.html

Cerrejón: Streik in letzter Minute abgewendet

Nach 62 Tagen schwieriger Verhandlungen konnten sich die Gewerkschaft Sintracarbón und das Minenunternehmen Cerrejón am 15. März auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag einigen. Am Wochenende davor hatte Cerrejón ein letztes Angebot gemacht, das von 75% der Angestellten angenommen wurde. So konnte nur Stunden vor Ablauf der Frist, an dem der Streik begonnen hätte, eine Einigung erzielt werden. Die Verhandlungen waren so schwierig, weil das Unternehmen mit den gefallenen Kohlepreisen argumentierte und viele der Vorteile der Arbeitenden streichen wollte, darunter wesentliche Punkte für das freie Funktionieren der Gewerkschaft oder für die Gesundheitsversorgung. Daher stimmten Anfang März über 98% der Mitglieder von Sintracarbón für den Streik. Schliesslich erreichte die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung, die knapp über dem Konsumentenpreisindex liegt, Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung und bei der Bildung für die Kinder und auch eine Umwandlung in Festanstellungen für 150 Temporärangestellte. Zudem wurden während der Verhandlungsphase 300 Arbeitende neu Mitglied der Gewerkschaft, so dass Sintracarbón gestärkt aus diesem Arbeitskampf hervor geht.

Weiterlesen:

Communiqué der Nationalen Gewerkschaftsschule ENS

Mitteilung von IndustriAll

Mitteilung von Sintracarbón

IV.  Tipps und Hinweise

Algún Día es Mañana – Filmvorführung im Kino Riffraff Zürich

Seit 2010 begleiten freiwillige MenschenrechtsbegleiterInnen von Peace Watch Switzerland die kleine, bäuerliche Gemeinschaft Las Pavas im Süden Kolumbiens in ihrem gewaltlosen Kampf gegen einen Agrokonzern, der auf Land eine Palmöl-Monokultur anbaut. Der langjährige legale Kampf um ihr Land, der eigentlich zu ihren Gunsten entschieden wurde, wird permanent von den Sicherheitskräften des Unternehmens durch „facts on the ground“ torpediert. Einschüchterungen, Bedrohungen und Vertreibung sind die Folge. Mit anschliessender Diskussion mit dem Regisseur Ricardo Torres und zwei Menschenrechtsbegleiterinnen von Peace Watch.

Sonntag, 17. April, 11 Uhr im Kino Riffraff Zürich

Flyer: http://www.peacewatch.ch/fileadmin/user_upload/colombia/dokumente/Flyer_AlgunDia_2016_web.pdf

Redaktion: Cornelia Britt

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