Kolumbien-aktuell No. 595 und Monatsbericht | September 2019

Eine Bilanz zum ersten Amtsjahr von Präsident Iván Duque ist gezogen – und sie sieht nicht rosig aus. Der Bericht, der am 25.9.2019 von mehreren Menschenrechtsorganisationen herausgegeben wurde, kritisiert die mangelnde Unterstützung der Regierung im Friedensprozess und hebt die verstärkten Menschenrechtsverletzungen, die damit einhergehen, hervor. Wie bereits in vorherigen Newslettern gezeigt, häufen sich Menschenrechtsverletzungen sowie […]

Eine Bilanz zum ersten Amtsjahr von Präsident Iván Duque ist gezogen – und sie sieht nicht rosig aus. Der Bericht, der am 25.9.2019 von mehreren Menschenrechtsorganisationen herausgegeben wurde, kritisiert die mangelnde Unterstützung der Regierung im Friedensprozess und hebt die verstärkten Menschenrechtsverletzungen, die damit einhergehen, hervor.

Wie bereits in vorherigen Newslettern gezeigt, häufen sich Menschenrechtsverletzungen sowie Drohungen und Morde an sozialen Führungspersonen. Dies ist besonders bedenklich in Hinsicht auf die lokalen Wahlen, die im Oktober in Kolumbien durchgeführt werden. Zudem zeigt die Regierung immer offener, dass sie nicht an einer integralen Umsetzung des Friedensabkommens interessiert ist und führt ihre Gegenkampagne fort. In diesem Kontext sind auch die steigende Gewalt in ländlichen Regionen zu verstehen. Gerade die Zivilbevölkerung auf dem Land ist am stärksten betroffen von den Vernachlässigungen der Umsetzung des Friedensabkommens. So warten beispielsweise Tausende von Familien vergeblich auf Zahlungen der Regierung, die ihnen im Rahmen der unterzeichneten Verträge zur freiwilligen Ausrottung von illegalen Pflanzungen zuständen. Dies führt zu prekären Situationen, da sie teilweise ihre Kokapflanzungen bereits ausgerottet haben, jetzt aber das Geld fehlt, um sich und die Familie ernähren zu können. Dazu kommt die Wiedereinführung von gewaltsamen Ausrottungen durch den Staat mit Glyphosat sowie (Todes-)drohungen für diejenigen, die sich für die Legalisierung des Anbaus dieser ‚illegalen Pflanzen‘ einsetzen.

Vor diesem Hintergrund ist die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft als unabhängige Beobachter zentral. Die kolumbianische Regierung muss daran erinnert werden, welches ihre Pflichten sind – unabhängig von politischer Einstellung!

I.  Artikel

Mut und Hoffnung im Kampf um den Frieden – Ein Interview mit Abel Coicué

Am Montag, 23.9.19 fand in Bern eine Veranstaltung zum Thema Menschenrechte in Kolumbien während des ersten Jahres der neuen Regierung statt. Im Vorfeld konnte die ask! ein Interview mit Abel Coicué durchführen, der im Rahmen einer Reise durch verschiedene europäische Länder auch in der Schweiz über die aktuelle Situation auf dem Land in Kolumbien berichtet. Abel Coicué ist indigene Führungsperson und Vertreter der ACIN (Asociación de Cabildos Indígenas del Norte de Cauca) und befindet sich momentan noch in einem sechsmonatigen Schutzprogramm in Spanien, wird aber im Oktober 2019 zurück nach Kolumbien reisen müssen.

(Von Lisa Alvarado)

http://www.askonline.ch/themen/friedensfoerderung/frieden-von-unten/interview-mit-abel-coicue/

Desinformationskampagne von Cerrejón führt zu massiven Drohungen gegen soziale Führungspersonen

Im Monatsbericht von Februar 2019 haben wir von zunehmenden Spannungen zwischen der Kohlenmine El Cerrejón einerseits und den umliegenden Gemeinschaften und den sozialen Organisationen andererseits berichtet. Seither hat sich die Situation weiter massiv verschärft. Im April und Mai erhielten indigenen Führungspersonen und die Fuerza Mujeres Wayuu mehrfach schwere Todesdrohungen, Pamphlete wurden bei den Häusern der Führungspersonen verstreut und es wurde versucht, gewaltsam in mehrere Häuser einzudringen. Konfliktpunkte zwischen den Gemeinschaften und der Mine sind einerseits die Umleitung des Arroyo Bruno respektive das Verbot, den dortigen Minenabschnitt voranzutreiben, sowie die am 22. Februar 2019 eingereichte Nichtigkeitsklage gegen die Umweltlizenz von Cerrejón. Ich konnte am 9. und 10. Juli 2019 an einer Begehung des umgeleiteten Flusses Arroyo Bruno sowie an einer öffentlichen Anhörung in Riohacha teilnehmen.

(Von Stephan Suhner)

http://www.askonline.ch/themen/wirtschaft-und-menschenrechte/bergbau-und-rohstoffkonzerne/el-cerrejon-und-xstrata/stimmungsmache-durch-cerrejon-und-neue-drohungen-gegen-gemeinschaften/

Steigerung des internen Drogenkonsums in Kolumbien?

Die Besorgnis um die Steigerung des internen Drogenkonsums prägt momentan die Debatte um die Drogenpolitik in Kolumbien. Laut dem Departamento Nacional de Planeación ging das Land 2016 von einem reinen Produktionsland dazu über, auch Drogenkonsument zu sein. Die Regierung bezeichnet die momentane Situation als verheerend, speziell für Kinder und Jugendliche. Diese Aussage widerspiegelt auf gewisse Weise eine Angst in der Gesellschaft, wird von der Regierung aber auch übertrieben, wie ein Bericht der Fundación Ideas para la Paz (FIP) zeigt.

(Von Lisa Alvarado)

http://www.askonline.ch/themen/natuerliche-ressourcen-und-agrarfrage/drogen/interner-drogenkonsum-kolumbien/

 

II.  Monatsbericht

Selektive Umsetzung des Friedensabkommens und gehäufte Verletzungen von Menschenrechten

Am 25.9.2019 wurde in Kolumbien ein Bericht mit dem Titel ‚Der Lehrling des Hexenmeisters‘ lanciert, verfasst von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen. Es geht dabei um das erste Amtsjahr von Präsident Iván Duque aus Sicht der Menschenrechte. Duque ist dabei der Lehrling vom Hexenmeister Alvaro Uribe, ex-Präsident und Ehrenvorsitzender der jetzigen Regierungspartei centro democrático. Der Bericht über das erste Jahr Duque’s zeigt, dass die jetzige Regierung sich sehr selektiv auf die Umsetzung einzelner Teile des Friedensabkommens beschränkt und sich die Situation aus Sicht der Menschenrechte stark verschärft hat.

(Von Lisa Alvarado)

http://www.askonline.ch/publikationen/monatsberichte/lehrling-des-hexenmeisters/

III.   Apropos

Wiederbewaffnung von Teilen der ehemaligen FARC

Wie im letzten Newsletter berichtet, kündigte der ehemalige Chefunterhändler und Nummer zwei der ehemaligen Guerilla FARC-EP, Iván Márquez, am 29. August 2019 gemeinsam mit weiteren ehemaligen Führungspersonen der FARC die Wiedergeburt und -bewaffnung der Guerilla an. Schnell zeigte sich jedoch, dass nur ein kleiner Teil der demobilisierten FARC-Mitglieder ein Interesse hat, den bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen. Der Grossteil der Demobilisierten (ca. 11‘000 von 13‘500) bleibt den mit dem Friedensabkommen eingegangenen Verpflichtungen treu und bemüht sich weiterhin um eine aktive Teilnahme an den Wiedereingliederungsprogrammen.

So bedauerlich der Entscheid der ehemaligen FARC-Kommandanten ist, ihre Beweggründe sind real und sollten jeden Beobachter des Friedensprozesses alamieren. Die Umsetzung des Friedensabkommens verläuft schleppend, die Gewalt gegen soziale Führungspersonen und MenschenrechtsverteidigerInnen nimmt laufend zu, die Sicherheitslage der demobilisierten FARC-KämpferInnen ist katastrophal und die Wiedereingliederungsprogramme kommen kaum vom Fleck. Erhalten die Demobilisierten nicht bald soziale und okönomische Perspektiven, drohen weitere Teile in die Illegalität zu fliehen.

Etwa 2500 der ehemaligen FARC-KämpferInnen haben entweder die Teilnahme am Friedensprozess vollkommen verweigert oder sind seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens im November 2016 zu den Waffen zurückgekehrt. Die verschiedenen Gruppierungen von dissidenten FARC-Mitgliedern sind heute über das gesamte Staatsgebiet von Kolumbien verstreut und unterstehen keinem zentralen Kommando. Während Iván Márquez und seine Mitstreiter politische Motive geltend machen, sind verschiedene andere Gruppierungen heute einfach kriminelle Akteure ohne politisches Motiv. Es wird nicht einfach sein, diese sehr heterogenen Gruppierungen und Verbände unter ein gemeinsames Banner und Kommando zusammen zu bringen, wie dies Márquez vorschwebt.

Noch schwieriger dürfte eine Zusammenarbeit mit dem ELN sein, wie Iván Márquez in seiner Videobotschaft antönte. Historisch haben sich die beiden Organisationen oft gewaltsam bekämpft und trotz ähnlicher Ziele hat in der Vergangenheit keine Zusammenarbeit der beiden Organisationen funktioniert. Verschiedene Beobachter sehen zwar das ELN aktuell geschwächt, jedoch konnte die Organisation ihre territoriale Präsenz insbesondere in den Gebieten stärken, aus denen die FARC sich im Rahmen des Friedensabkommens zurückzogen.

Auf Grund der Wiederbewaffnung stellte die Sonderjustiz für den Frieden (JEP) mittlerweile Haftbefehle für die ehemaligen FARC-Kommandanten Iván Márquez und Jesús Santrich aus und schloss sie zudem von den Vorzugsmassnahmen im Rahmen des Friedensprozesses aus.

https://www.elespectador.com/colombia2020/pais/nos-obligaron-retomar-las-armas-ivan-marquez-exjefe-negociador-de-paz-articulo-878350

https://verdadabierta.com/acelerar-implementacion-del-acuerdo-de-paz-garantia-para-excombatientes/

https://www.elespectador.com/colombia2020/pais/entre-disidentes-de-la-paz-y-reincidentes-de-la-guerra-articulo-878787

https://www.razonpublica.com/index.php/conflicto-drogas-y-paz-temas-30/12242-esta-cerca-el-fin-del-eln.html

https://www.nodal.am/2019/09/colombia-santrich-insiste-en-una-constituyente-y-critica-al-gobierno-por-traicionar-el-acuerdo-de-paz/

https://www.jep.gov.co/Sala-de-Prensa/Paginas/LA-JEP-ADOPTA-MEDIDAS-CAUTELARES-Y-ORDENA-CAPTURA-DE-EXMIEMBROS-DE-FARC-QUE-SE-REARMARON.aspx

https://razonpublica.com/index.php/conflicto-drogas-y-paz-temas-30/12262-lograra-ivan-marquez-unir-a-las-disidencias-de-las-farc.html

https://razonpublica.com/index.php/conflicto-drogas-y-paz-temas-30/12258-farc-y-eln-se-van-a-unir.html

https://www.razonpublica.com/index.php/conflicto-drogas-y-paz-temas-30/12276-entre-la-tentacion-del-fusil-y-la-lealtad-a-la-paz.html

Von Gewalt überschattete Regionalwahlen

Am 27. Oktober 2019 finden in ganz Kolumbien Regional- und Lokalwahlen statt. Dabei werden die Gouverneursämter sämtlicher 32 Departemente, die regionalen Parlamente, die Bürgermeister von 1099 Gemeinden sowie viele sonstige lokale Ämter gewählt. Obwohl VertreterInnen sämtlicher Parteien Ende August einen Pakt gegen Gewalt unterzeichneten, erreicht die politisch motivierte Gewalt inbesondere auch gegen KandidatInnen neue Höchstwerte.

In der Unruheregion Cauca wurde Anfang September die liberale Bürgermeisterkandidatin für die Gemeinde Suarez, Karina García Sierra zusammen mit fünf Begleitpersonen ermordet und verbrannt. Wie auch in anderen Gegenden des Cauca kämpfen auch in Suarez verschiedene illegale bewaffnete Organisationen um die territoriale Kontrolle.

Mitte September wurde in Tibú, Norte de Santander, der konservative Kandidat für das Bürgermeisteramt, Bernardo Betancurt Orozco ermordet. Tibú liegt in der Region Catatumbo, in der sich seit dem Friedensabkommen mit den FARC vor allem ELN und EPL/Los Rastrojos Gefechte untereinander und mit den staatlichen Sicherheitskräfte liefern.

Besonders von poltischer Gewalt gegen KandidatInnen betroffen sind die Departemente Cauca, Valle del Cauca, Tolima, Antioquia und La Guajira. Auch die Drohungen gegen KandidatInnen für politische Ämter haben in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Es scheint als etabliere sich Gewalt wieder als gängiges Mittel der politischen Auseinandersetzung in Kolumbien.

https://www.elespectador.com/elecciones2019/partidos-politicos-firman-pacto-por-la-no-violencia-para-estas-elecciones-articulo-877961

https://www.contagioradio.com/que-esta-pasando-en-el-cauca-un-analisis-del-lider-campesino-oscar-salazar/

https://www.laprensalatina.com/asesinan-en-colombia-a-una-candidata-a-alcaldesa-y-cinco-personas-que-la-acompanaban/

https://www.laprensalatina.com/la-violencia-electoral-regresa-a-colombia-con-el-brutal-asesinato-de-una-candidata/

https://www.elpais.com.co/judicial/asesinan-a-candidato-a-la-alcaldia-de-tibu-norte-de-santander.html

https://www.elespectador.com/elecciones2019/asesinan-bernardo-betancourt-candidato-la-alcaldia-de-tibu-en-norte-de-santander-articulo-881212

https://www.contagioradio.com/violencia-un-mecanismo-de-competencia-entre-candidatos/

https://www.razonpublica.com/index.php/politica-y-gobierno-temas-27/12277-como-explicar-el-aumento-de-la-violencia-politica-en-colombia.html

Soziale Proteste unter der Regierung Duque

Die Gesinnung einer Regierung lässt sich gut an ihrem Umgang mit Widerspruch ablesen. Sucht sie den Dialog mit der politischen Opposition, mit Unzufriedenen, mit sozialen Protesten oder kämpft sie mit politischen, juristischen oder gar gewaltsamen Mitteln gegen andere Meinungen?

Während den ersten drei Monaten der Regierung Duque haben die sozialen Proteste in Kolumbien deutlich zugenommen. Gezielt werden Personen, Gemeinschaften und Organisationen stigmatisiert, die ihre Grundrechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wahrnehmen. Oft unterstellt die Regierung sozialen Protesten finanzielle Interessen.

Im ersten Amtsjahr von Präsident Duque kam es zu 126 Angriffen der staatlichen Sicherheitskräfte auf soziale Proteste. Mit 35 respektive 34 Angriffen stehen dabei die Departemente Cauca und Bogotá an der Spitze. Im Cauca griffen die Sicherheitskräfte mit aller Gewalt die Proteste der indigenen und kleinbäuerlichen Gemeinschaften an, in der Hauptstadt entlud sich die staatliche Gewalt vor allem gegen die StudentInnenproteste im Herbst 2018. 37,4 Prozent der Angriffe galten dabei den StudentInnenprotesten, 30,8 Prozent ethnischen Gemeinschaften. Im Rahmen der StudentInnenproteste gegen den Abbau von Mitteln für die öffentlichen Universitäten verloren mindestens fünf Protestierende ein Auge. Im Cauca beteiligten sich auch das kolumbianische Militär an der Aufstandsbekämpfung, obwohl dies weder Gesetze noch Verfassung gestatten. Insgesamt wurden zwischen dem 7. August 2018 und dem 7. August 2019 246 Menschen durch staatliche Gewalt verletzt. Vier Personen wurden zudem im Umfeld der Repression gegen die sozialen Proteste im Cauca ermordet.

https://defenderlalibertad.com/wp-content/uploads/2019/08/INFORME-1-A%C3%91O.pdf

Expräsident Uribe vor Gericht

Zum ersten Mal in der Geschichte Kolumbiens lädt der Oberste Gerichtshof (Corte Suprema de Justicia) mit Álvaro Uribe einen ehemaligen Präsidenten zu einer Vernehmung vor. Diese Vorladung ist kein Urteil, folgt jedoch auf die Anklageerhebung gegen Uribe wegen Bestechung und Beeinflussung, resp. Manipulation von Zeugen.

Juristisch mag die Vorladung eher ein Nebenschauplatz sein, politisch jedoch ist der Prozess gegen Uribe von höchster Bedeutung. Der Prozess zeigt, dass die demokratischen Institutionen und die Gewaltenteilung in Kolumbien trotz Schwächen funktionieren. Auch als ehemaliger Präsident, amtierender Senator und wohl bekanntester Politiker Kolumbiens steht Álvaro Uribe nicht über dem Gesetz und muss sich vor Gericht verantworten.

Eine Verurteilung Uribes wegen Zeugenbeeinflussung und Bestechung sowie Missachtung der Prozessordnung käme jedoch einem politischen Erdbeben gleich. Uribe schiesst seit Jahren gegen die aus seiner Sicht “linken” Gerichte und erklärt deren Urteile für politisch motiviert. Seine politischen GegnerInnen werden ein Urteil wohl nutzen, um den Machtpolitiker Uribe zu isolieren und politisch zu schwächen. Es ist jedoch schwer zu sagen, wie seine ergebenen AnhängerInnen auf eine Verurteilung reagieren. Es ist mit politisch motivierter Gewalt und Ausschreitungen zu rechnen. Und die Gewaltenteilung Kolumbiens dürfte ein weiteres Mal auf die Probe gestellt werden.

https://razonpublica.com/index.php/politica-y-gobierno-temas-27/12228-la-indagatoria-de-uribe-y-su-significado-juridico-politico-e-institucional.html

Spannungen zwischen Venezuela und Kolumbien

Gemäss der kolumbianischen Regierung unter Präsident Duque gewährt die Regierung von Venezuela den dissidenten FARC-KämpferInnen um Ivan Marquez wie auch dem ELN Bewegungs- und Handlungsfreiheit im Staatsgebiet des Nachbarlandes. Der ehemalige Präsident und Vorsitzende der Regierungspartei Centro Democrático, Álvaro Uribe, forderte daraufhin, die dissidenten FARC-Kommandanten notfalls mit Gewalt im Nachbarland zu verhaften.

Venezuela reagierte umgehend auf die politischen Provokationen, mobilisierte seine Truppen entlang der Grenze zu Kolumbien und führte mit diesen umfangreiche Militärübungen durch. Die Regierung der Vereinigten Staaten goss mit einer einseitigen und unbeschränkten Unterstützungserklärung für Kolumbien wie üblich Öl ins Feuer.

Die besonnenen Stimmen kommen wie meistens aus der Zivilbevölkerung beider Länder. Denn diese würde am stärksten unter einem bewaffneten Konflikt der beiden Länder leiden.

https://www.eltiempo.com/podcast/el-primer-cafe/colombia-y-venezuela-es-posible-un-conflicto-belico-410644

https://www.elespectador.com/colombia2020/territorio/los-que-piden-la-guerra-no-saben-que-es-ponerle-el-pecho-las-balas-ricardo-alvarado-articulo-880972

IV.          Tipps und Hinweise

Gerechter Umbau der Energieversorgung

Das Europäische Kohlenetzwerk publizierte Ende September 2019 zwei Studien zum sozialen und ökologischen Umbau der Energieversorgung, die insbesondere auch die Abkehr vom Rohstoffabbau bedeutet:

  • A Just Transition is a Post-extractive Transition, ist eine gemeinsamer Bericht der NGO War on Want und des London Mining Network (LMN) und
  • 5 ‘emblematic case studies’ ist eine Studie des weltweiten Yes to Life No to Mining (YLNM) Solidarity network
    Der Bericht entlarvt die Greenwashingtechniken der Bergbauindustrie und erklärt, wie der Umbau der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Alternativen sozial abgefedert werden kann, insbesondere auch für die direkt vom Bergbau betroffenen Gemeinschaften.

Die Studie des YLNM untersucht wie fünf lokale Gemeinschaften, aus so unterschiedlichen Ländern wie z.B. Kolumbien oder Finnland sich dem Bergbau widersetzen, Ökosysteme wiederbeleben und ein Leben nach dem Bergbau vorbereiten und gestalten.

Transmedia – Projekt über El Hatillo

Die kleine Gemeinde El Hatillo in Nordkolumbien verschwindet nach und nach, sie fällt dem Abbau der Bodenschätze durch multinationale Konzerne zum Opfer. Die Bewohner/innen werden umgesiedelt, einige haben das Dorf bereits verlassen.

«Memorias de Tierra» heisst das Projekt, für das Julia Schmidt im Frühjahr mit ihrem Team der COMUNDO-Partnerorganisation Fundación Chasquis erneut nach El Hatillo gereist ist; während zwei Wochen haben sie Videos gedreht, Fotos gemacht, Drohnenaufnahmen gefilmt, Interviews mit den Dorfbewohner/innen geführt und einen Erinnerungs-Workshop für Senioren abgehalten. Um die Zeit vor Ort möglichst voll nützen zu können, haben sie im Dorf campiert.
In ihrem Juni-Rundbrief erzählt Julia Schmidt von der Drehzeit in El Hatillo und erklärt die Hintergründe des Projekts: «In ‚Memorias de Tierra – Das Schicksal von El Hatillo‘ wollen wir all das dokumentieren: Wie lebten und wie leben die Menschen? Welchen Problemen und Herausforderungen müssen sie sich aufgrund des Bergbaus stellen? Wo spüren sie schon jetzt die Folgen des Klimawandels?»

Mittlerweile ist die Multimedia-Plattform realisiert und mittels Virtual-Reality-Brillen kann man man virtuell durch El Hatillo gehen und den Ort erkunden. Da all das gefilmte Material noch nicht komplett verarbeitet ist, wird die Plattform zur Zeit noch kontinuierlich mit neuen Inhalten ergänzt und erweitert.

Rundbrief von Julia Schmidt

Multimediaplattform über El Hatillo

Für den Amazonas und seine Völker: Die Rechte der Natur versus die Interessen von multinationalen Unternehmen.

Donnerstag, 31. Oktober 2019. 19 Uhr.

Uni Tobler Raum F005, Lerchenweg 36, 3012 Bern

Pablo Fajardo, erster Anwalt des Chevron-Falls, und Willian Lucitante, Koordinator von UDAPT, Vereinigung der Betroffenen von Ölbohrungen durch Texaco/Chevron im ecuadorianischen Amazonas, berichten am 31. Oktober in Bern über den Fall Chevron und seine Auswirkungen.

Der Amazonas ist in Gefahr. Während Politiker*innen und Regierungen ihre Vorschläge zum Klimanotstand debattieren, wird das Zuhause vieler indigener Völker durch Agro-, Bergbau- und Ölkonzerne zerstört. In Ecuador suchen die Betroffenen Gerechtigkeit, um die riesigen Schäden einer der grössten Umweltkatastrophen zu beheben, die durch den Ölkonzern Chevron (ehemals Texaco) verursacht wurde. Seit über 25 Jahren versuchen sie vor nationalen sowie internationalen Gerichten Gerechtigkeit zu erlangen, bis jetzt ohne Erfolg.
Gemeinsam laden MultiWatch, Incomindios, die Klima-Allianz und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am 31. Oktober 2019 zur Podiumsdiskussion ein. Neben den Vertretern aus Ecuador werden weitere Redner*innen teilnehmen, um die Herausforderungen und möglichen Lösungen für den Amazonas zu diskutieren.

V.            Lesenswerte Artikel

–       Indigene Gemeinschaften bitten das kolumbianische Verfassungsgericht um Schutz für die Sierra Nevada de Santa Marta: https://razonpublica.com/index.php/econom-y-sociedad-temas-29/12224-el-corazon-del-mundo-esta-en-peligro.html

–       Das Freihandelsabkommen zwischen Kolumbien und der EU hat weder Arbeitsplätze geschaffen noch die Arbeitsbedingungen verbessert: http://ail.ens.org.co/informe-especial/el-fracaso-del-tlc-con-la-union-europea-ni-mas-empleo-ni-mejores-estandares-laborales/

–       Kolumbien sollte das Umweltschutzabkommen von Escazú möglichst rasch unterzeichnen: https://www.razonpublica.com/index.php/econom-y-sociedad-temas-29/12270-el-acuerdo-de-escazu-una-oportunidad-unica-para-fortalecer-la-democracia-ambiental.html

–       Der Kampf der Nasa-Frauen gegen Zwangsrekrutierungen: https://verdadabierta.com/especiales-v/2018/ddhh-posconflicto-colombiano/rescates-mujeres-nasa.html

–       Landkonflikte ohne Ende: die verpasste Chance der Landrückerstattungen: https://blickpunkt-lateinamerika.de/artikel/landverteilung-in-kolumbien-eine-historische-schuld/

–       Kommerziell begründete Zensur kritischer Medienberichterstattung: https://www.npla.de/poonal/geplante-abschaltung-von-noticias-uno-ein-fall-von-zensur/

–       Wie Fracking bereits vor dem Einsatz den sozialen Zusammenhalt der Gemeinschaften zerstört: https://verdadabierta.com/el-fracturamiento-social-que-ya-esta-generando-el-fracking/

–       Ungewisse wirtschaftliche Entwicklung in Kolumbien: https://www.razonpublica.com/index.php/econom-y-sociedad-temas-29/12275-entre-la-recuperacion-economica-el-desempleo-y-el-deficit-comercial.html

Redaktion: Fabian Dreher und Lisa Alvarado