Gefährliche Arbeit bei Drummond Protest nach tödlichem Arbeitsunfall für illegal erklärt – Entlassungen

Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien | 22.12.2009 Die Arbeit in den Kohlenminen bei Drummond in Kolumbien ist gefährlich: in den letzten paar Jahren gab es 16 tödliche Arbeitsunfälle, mit zunehmender Tendenz. Dieses Jahr alleine starben vier Arbeiter durch vermeidbare Unfälle: Am 21. März 2009 war es Dagoberto Clavijo, am 30. Oktober Luis Eduardo Manrique, ein junger Arbeiter […]

Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien | 22.12.2009

Die Arbeit in den Kohlenminen bei Drummond in Kolumbien ist gefährlich: in den letzten paar Jahren gab es 16 tödliche Arbeitsunfälle, mit zunehmender Tendenz. Dieses Jahr alleine starben vier Arbeiter durch vermeidbare Unfälle: Am 21. März 2009 war es Dagoberto Clavijo, am 30. Oktober Luis Eduardo Manrique, ein junger Arbeiter der bei einer Vertragsfirma für Drummond arbeitet.

Am 13. Juni 2009 starb Daniel Galofre Rodríguez, kurz nach dem tödlichen Unfall von Dagoberto ereignete sich ein schwerer Unfall, der glücklicherweise für Jorge Luis Serna Ditta und Carlos Alberto Villafañe Romero nicht tödlich endete. Bei Drummond ereignen sich mehr Arbeitsunfälle mit derart schwerwiegenden Folgen als z.B. beim Cerrejón und bei Carbones de la Jagua/Prodeco, die zu Xstrata gehören. Die Gewerkschaft Sintramienergetica denunziert auch schon länger schwere Gesundheitsprobleme vieler Arbeiter bei Drummond: Die Fahrer der grossen, über 300 To schweren Lastwagen, haben zwar hydraulisch gefederte Führerkabinen, wenn jedoch bis zu 10 To schwere Gesteinsbrocken aus mehreren Metern Höhe in die Ladeflächen fallen, gibt es trotzdem schwere Schläge in den Rücken. Viel dieser Arbeit haben Wirbelsäulenschäden, z.T. so gravierend, dass sie nicht mehr arbeiten können. Viele werden dann einfach entlassen. Die Gewerkschaft beklagt, dass sich Drummond bis jetzt nicht um Problemlösungen gekümmert hat und viel zu wenig unternimmt, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu verbessern. Die Gewerkschaft führt die Zunahme an schweren und z.T. tödliche endenden Unfälle auf den steigenden Druck bei der Arbeit sowie auf den zunehmenden Einsatz von Temporär- und Vertragsarbeitern zurück, deren Ausbildung mangelhaft ist.

Deshalb hatten die Arbeiter nach dem Tod von Dagoberto auch spontan einen Protest gemacht und vorübergehend die Arbeit nieder gelegt. Drummond hat vor Gericht geklagt, es sei ein illegaler Streik gewesen. Das Arbeitsministerium hat dann einen Bericht über die Protestaktion verfasst, der gemäss Aussagen der Gewerkschaft Sintramienergetica nicht die tatsächlichen Ereignisse schilderte, und der nun als Grundlage dafür diente, dass das Oberste Gericht von Valledupar den friedlichen Protest der Arbeiter für ihren toten Arbeitskollegen als illegalen Streik qualifizierte. Dieses Urteil wurde von Sintramienergetica weiter gezogen, aber vom Obersten Gerichtshof in Bogotá am 16. Dezember 2009 bestätigt. Die Gewerkschaft vertritt die Meinung, es sei nur eine friedliche Protestaktion, eine Arbeitsniederlegung gewesen, die der Arbeitgeber selber zu verschulden habe, da er zuwenig für die Sicherheit bei der Arbeit unternehme. Einmal mehr kam es also zu einer umstrittenen juristischen Auslegung des Rechts auf Protest und Streik, einmal mehr wurden die Gesetze zu Gunsten der Unternehmen ausgelegt. Es ist schwierig, von hier aus und ohne Detailkenntnisse über die Protestaktion und über das kolumbianische Arbeitsrecht, sich ein Urteil über die Rechtmässigkeit dieser Protestaktion zu machen. Rein menschlich ist es sehr verständlich, dass die Arbeiter gegenüber der Indifferenz des Minenunternehmens zum Protest die Arbeit niederlegten. Und es ist äusserst bedauerlich, dass Drummond einerseits die Probleme bezüglich der Sicherheit am Arbeitsplatz nicht ernst nimmt, und zudem gegen die protestierenden Arbeiter Anzeige erstattete. Zu erwähnen ist auch noch, dass das Vertragsunternehmen, bei dem Dagoberto arbeitete, wegen diesem Umfall verurteilt wurde, u.a. wegen Verstössen gegen Vorschriften zur Sicherheit am Arbeitsplatz.

Wird ein Streik für illegal erklärt, hat die betroffene Firma grundsätzlich das Recht, die Streikführer zu entlassen. In vielen Fällen ist es jedoch so, dass die Entscheide, ob ein Streik tatsächlich illegal war, umstritten sind und häufig zu Gunsten der Unternehmen ausfallen, nicht selten auf Grund von politisch motivierten Berichten der staatlichen Arbeitsinspektoren. Zudem werden häufig insbesondere Gewerkschaftsführer entlassen, von denen viele an den Streiks gar nicht beteiligt waren. Dies geschah mit Unterstützung des Arbeitsministeriums verschiedene Male auch bei Nestlé. Auch in diesem aktuellen Fall bei Drummond ging das Unternehmen nun dazu über, Arbeiter und Gewerkschafter für den illegal erklärten Streik zur Rechenschaft zu ziehen und erste Entlassungen auszusprechen. Die Gewerkschaft Sintramienergetica klagt an, dass Drummond die Absicht habe, die Gewerkschaft zu schwächen und die Vorstände der Gewerkschaftssektionen zu entlassen. In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass gegen das Frühjahr hin neue Verhandlungen über die Gesamtarbeitsverträge stattfinden werden. Gleich am 17. Dezember 2009 begann Drummond, mehrere Vorstands- und Basismitglieder der Gewerkschaft in Chiriguaná, in El Paso und auf der nationalen Ebene zur Rechenschaft zu ziehen und ihre Entlassung einzuleiten. Sintramienergetica befürchtet, dass mehrere Sektionen der Gewerkschaft durch diese Entlassungswelle derart geschwächt werden könnten, dass sie eingehen. Sintramienergetica hat zu nationalen und internationalen Solidaritätsaktionen und Protestschreiben aufgerufen.

Bern, 20. Dezember 2009
Stephan Suhner, Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien