Kolumbien-aktuell No. 514

Die Zivilgesellschaft Kolumbiens ist lebendig und setzt sich trotz aller Widrigkeiten für mehr soziale Gerechtigkeit, für den Schutz der Umwelt und den Respekt der grundlegenden Rechte der Bevölkerung ein. Die Menschen wollen ein anderes Kolumbien und kämpfen dafür im Land selbst oder wenden sich an die internationale Gemeinschaft oder konkret an die Schweizer Regierung.

April 2012

Liebe LeserInnen

Die Zivilgesellschaft Kolumbiens ist lebendig und setzt sich trotz aller Widrigkeiten für mehr soziale Gerechtigkeit, für den Schutz der Umwelt und den Respekt der grundlegenden Rechte der Bevölkerung ein. Die Menschen wollen ein anderes Kolumbien und kämpfen dafür im Land selbst oder wenden sich an die internationale Gemeinschaft oder konkret an die Schweizer Regierung. Lesen sie in den folgenden Artikeln über die von der ask! organisierte Gira des Menschenrechtsantwalts Alirio Uribe und der indigenen Führungsfrau Angélica Ortiz durch die Schweiz oder die Konstituierung eines neuen linken Bündnisses, der Marcha Patriótica, in Kolumbien.

Solidarische Grüsse aus der Redaktion!

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Dieser Newsletter erscheint seit April 2010 monatlich und hält Sie Kolumbien spezifisch auf dem Laufenden. Sie erfahren Aktuelles über Kolumbien und über die Aktivitäten der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, erhalten lesenswerte Informationen direkt aus dem Land und werden über wichtige Veranstaltungen informiert. Falls Sie den Newsletter nicht mehr erhalten möchten, können Sie ihn jederzeit mit einem Mail abbestellen. [kommunikation@askonline.ch]

I.  Artikel

1.  Die wahre Stimme Amerikas (von Ann-Seline Fankhauser)

Während der sechste Amerika-Gipfel von Uneinigkeiten und Unstimmigkeiten überschattet war, trafen sich soziale Bewegungen, zivilgesellschaftliche und politische Organisationen auf dem Gegengipfel der Völker, um Alternativen zu den vorherrschenden Entwicklungen auf dem amerikanischen Kontinent zu diskutieren und ihre Forderungen nach einer sozialen Politik kundzutun.

http://www.askonline.ch/themen/menschenrechte/analysen-und-berichte-der-ask/gipfel-der-voelker-2012/

2.  Ein neues Linksbündnis soll den Wandel bringen (von Ann-Seline Fankhauser)

80 000 Menschen nahmen am 23. April am „Patriotischen Marsch“ in Bogotá teil. Der Marsch bildete den Abschluss eines dreitägigen Treffens zur Gründung eines neuen breiten Bündnisses sozialer Bewegungen in Kolumbien, der Partei Consejo Patriótico Nacional.

http://www.askonline.ch/themen/friedensfoerderung/frieden-von-unten/marcha-patriotica/

3.  Von Strassenaktionen bis zum UNO-Besuch – Eine erfolgreiche Gira neigt sich allmählich dem Ende zu (von Annette Wallimann)

Zwischen dem 25. April und dem 2. Mai fand der erste und grösste Teil der von der ask! organisierten Veranstaltungen und Treffen anlässlich des Besuchs unserer beiden Gäste aus Kolumbien statt.

http://www.askonline.ch/themen/wirtschaft-und-menschenrechte/bergbau-und-rohstoffkonzerne/el-cerrejon-und-xstrata/rueckblick-gira-2012/

Unterstützen Sie die Anliegen unserer Gäste und versenden Sie Brief und Petition!

http://www.askonline.ch/themen/wirtschaft-und-menschenrechte/bergbau-und-rohstoffkonzerne/el-cerrejon-und-xstrata/petitionen-glencore-und-xstrata/

II.  Apropos

Kolumbien erneut auf „schwarzer Liste“ wegen Menschenrechtsverletzungen

Neben Kuba, Honduras und Venezuela gehörte Kolumbien im Jahre 2011 erneut zu denjenigen Ländern in der Region, für welche die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (IAKMR) schwerwiegende Einschränkungen der fundamentalen Rechte geltend macht. Die Kommission anerkennt zwar die Anstrengungen der kolumbianischen Regierung, die mit administrativen und gesetzlichen Mitteln versucht, die Menschenrechtssituation zu verbessern. Doch sie zeigt sich alarmiert über die vorherrschende Straflosigkeit, welche vor allem die sogenannten Fälle der falsos positivos (aussergerichtliche Hinrichtungen durch das Militär während der Amtszeit von Alvaro Uribe) umgibt, sowie die Diskussionen um die Wiedereinführung des fuero militär (Militärgerichtbarkeit). Besorgniserregend sei zudem, dass weiterhin breite Teile der Bevölkerung durch den internen Konflikt und die Gewalt durch illegale Gruppen und die staatlichen Sicherheitskräfte von schweren Menschenrechtsverletzungen betroffen sind. Die kolumbianische Regierung empfindet diese erneute Aufnahme ins Kapitel 4 des Jahresberichtes der IAKMR als ungerecht. Seit Jahren versucht das Land dahingegen eine Modifizierung zu erreichen, dass die ganze Region einer Evaluation der Menschenrechtslage unterzogen wird und nicht nur einzelne Länder „gebrandmarkt“ werden. Der Präsident des Repräsentantenhauses Simon Gaviria wies den Bericht gar zurück, mit dem Hinweis, Kolumbien sei mit dem Opfer- und Landrückgabegesetz auf gutem Wege. Diese Anstrengungen sollten, seiner Meinung nach, denn auch hervorgehoben werden.

http://www.eltiempo.com/mundo/estados-unidos/colombia-de-nuevo-en-la-lista-negra-por-derechos-humanos_11526461-4

PDF Kolumbienkapitel IAKMR: http://www.askonline.ch/fileadmin/user_upload/documents/Thema_Menschenrechte/informe2011_CIDH_Cap4Colombia.pdf

Das andere, vergessene Kolumbien

Anlässlich der Präsentation des Jahresberichtes 2011 brachte Jordi Raich, Chef der Delegation vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Kolumbien, seine Besorgnis über die sich zunehmend verschlechternde humanitäre Lage in den abgelegenen Regionen zum Ausdruck. Durch die Intensivierung der Kämpfe und der militärischen Operationen hat sich die humanitäre Situation in den vom Konflikt am schwersten betroffenen Regionen verschärft. Gleichzeitig stellt das IKRK mit Besorgnis fest, dass dieses andere Kolumbien, abseits von wirtschaftlicher Entwicklung und neuem Reichtum, immer mehr in Vergessenheit gerät.

Insgesamt registrierte das IKRK 2011 mehr als 760 Verletzungen des Internationalen Humanitären Rechts, sowie weitere Grundrechtsverletzungen. Gewalt und Drohungen durch die verschiedenen Konfliktparteien verschärfen die ohnehin schon prekäre humanitäre Situation in den abgelegenen Regionen Kolumbiens, wo der Zugang zu grundlegender Infrastruktur wie die Gesundheitsversorgung, Schulen, Wasser oder Transportmöglichkeiten nicht gewährleistet ist. Das IKRK ruft zudem alle Konfliktparteien Kolumbiens dazu auf, sich künftig an humanitäres Recht zu halten.

Pressemitteilung: http://www.icrc.org/spa/resources/documents/news-release/2012/colombia-report-news-2012-04-18.htm

Jahresbericht: http://www.icrc.org/spa/assets/files/2012/informe-colombia-2011.pdf

Pro Tag wurden 2011 durchschnittlich 846 Personen vertrieben

Die von der Beratungsstelle für Menschenrechte und Vertreibung (CODHES) veröffentlichten Zahlen zu den internen Vertreibungen in Kolumbien während des Jahres 2011 zeugen von einer weiteren Zunahme des Phänomens und sind klar Ausdruck des anhaltenden internen Konfliktes. Rund 259.146 Personen wurden 2011 innerhalb Kolumbiens vertrieben, dies entspricht ca. 70.039 Familien die gezwungen wurden ihr Zuhause zu verlassen. In 32 von insgesamt 33 Departementen kam es zu Vertreibungen, wobei Antioquia mit 64.043 von CODHES registrierten Vertriebenen am stärksten betroffen ist. In Zusammenhang mit den gewaltsamen Vertreibungen wird im Jahresbericht von CODHES neben dem bewaffneten internen Konflikt auch auf die wirtschaftlichen Interessen der Minen- und Agroindustrie hingewiesen.

http://www.codhes.org/images/stories/pdf/bolet%C3%ADn%2079%20desplazamiento%20creciente%20y%20crisis%20humanitaria%20visible.txt.pdf

Human Rights Watch warnt vor Rahmengesetz für den Frieden

In einem Brief an Präsident Santos und den kolumbianischen Kongress fordert HRW eine erneute Überarbeitung des Rahmengesetzes für den Frieden (marco jurídico para la paz), dessen Verabschiedung im Kongress kurz bevorsteht. In seiner jetzigen Form verletzte das Gesetzesprojekt offenkundig internationales Recht und befördere die Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen massiv. Kolumbien würde demnach eine Ermittlung durch den Internationalen Strafgerichtshof riskieren.

HRW hebt drei fundamentale Probleme des jetzigen Gesetzesentwurf hervor: 1) Das Gesetz ist auf eine selektive Strafverfolgung ausgelegt. Dies könnte einerseits dazu führen, dass nur die höchsten Verantwortlichen (máximos responsables) für im Krieg begangene Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Rechtes zur Rechenschaft gezogen würden, andererseits, dass nur diejenigen Verbrechen, an welchen ein máximo responsable direkt beteiligt war, aufgearbeitet und gerichtet würden. Die selektive Strafverfolgung verstösst klar gegen internationales Recht, wonach alle für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt, verurteilt und bestraft werden müssen. Die Einschränkung der Strafverfolgung auf die höchsten Verantwortlichen würde der Straflosigkeit Tür und Tor öffnen. 2) Die Gesetzesreform würde es dem Kongress zudem ermöglichen, Strafen verurteilter Personen zu suspendieren. Also auch verurteilte máximos responsables könnten letztendlich straffrei bleiben. 3) Auch die Streitkräfte kämen, als beteiligter Akteur im Konflikt, in den Genuss der Vorteile der Übergangsjustiz. Dies würde ein grosser Rückschritt in der kolumbianischen Justiz bedeuten. Dass die Regierung den irregulären bewaffneten Gruppen einen Anreiz zur Demobilisierung bieten muss, ist nachvollziehbar. Diese Argumentation kann aber nicht auf die regulären Streitkräfte angewendet werden.

Brief (englisch): http://www.hrw.org/news/2012/05/01/colombia-correct-serious-flaws-transitional-justice-bill

http://www.eltiempo.com/justicia/human-rights-watch-dice-que-marco-para-la-paz-favorece-impunidad-de-crimenes-atroces_11697109-4

„Für alles Gold Kolumbiens“

Der Dokumentarfilm von Romeo Langlois folgt den Spuren des Goldes in Kolumbien und zeigt auf, welche Akteure und welche Interessen hinter dem Edelmetall stehen. Der sehr eindrückliche Film folgt den mineros, die gezwungenermassen in den Konflikt hineingezogen werden und macht den Zusammenhang zwischen dem Goldabbau und dem bewaffneten internen Konflikt deutlich.

Film in 6 Teilen (französisch mit spanischen Untertiteln): http://www.youtube.com/results?search_query=pour+tout+l%27or+de+colombie&oq=pour+tout+l%27or+de&aq=0L&aqi=g-L1&aql=&gs_l=youtube.3.0.0i19.1541.8219.0.9882.23.16.2.5.6.0.141.1628.5j11.16.0…0.0.

III.   Tipps und Hinweise

Welche Regeln sollen für Schweizer Konzerne im Ausland gelten?

Podiumsdiskussion im Rahmen der Kampagne „Recht ohne Grenzen“

Dienstag, 8. Mai 2012 | 18.30

Universität Zürich, Hauptgebäude KOL-G-217

http://www.askonline.ch/veranstaltungen/

PWS Vorbereitungskurse für Menschenrechtseinsätze in Guatemala, Mexiko und Kolumbien

10. – 13. Mai 2012, Zürich

Infos und Flyer: http://www.askonline.ch/veranstaltungen/

Was geht es uns an?

Auslandsaktivitäten Schweizer Konzerne – wenn Menschenrechte und Umwelt auf

der Strecke bleiben

Öffentliche Talkrunde im Rahmen der Kampagne «Recht ohne Grenzen»

Donnerstag, 24. Mai 2012 | 19.30 Uhr

Restaurant Schlüsselzunft, 1. Stock, Freie Strasse 25, Basel

http://www.askonline.ch/veranstaltungen/