Liebe Leserinnen und Leser
Diesen Monat berichten wir über den Streit zwischen Novartis und Kolumbien rund um die Frage einer Zwangslizenz für das Krebsmedikament Glivec. Weiter widmen wir uns aus aktuellem Anlass dem Thema KindersoldatInnen. Im Monatsbericht erzählt Marylen Serna vom Congreso de los Pueblos über die Herausforderungen der kolumbianischen Sozialbewegungen.
Solidarische Grüsse aus der Redaktion!
I. Artikel
Streit zwischen Novartis und Kolumbien über Zwangslizenz für Krebsmedikament eskaliert
Seit eineinhalb Jahren schwelt ein Konflikt zwischen kolumbianischen Gesundheitsorganisationen, dem kolumbianischen Staat und Novartis, rund um die Frage einer Zwangslizenz für das Krebsmedikament Glivec. In den vergangenen zwei Monaten ist nun Bewegung in die Geschichte gekommen, nachdem der kolumbianische Gesundheitsminister Gaviria angekündigt hatte, den Wirkstoff Imatinib als von öffentlichem Interesse zu erklären. Diese Massnahme ist aber auch in Kolumbien nicht unumstritten und hat v.a. massive Drohungen aus den USA zur Folge.
(von Stephan Suhner)
Bedeutungsvolle Einigung erzielt: KindersoldatInnen werden nach Hause entlassen
VertreterInnen der kolumbianischen Regierung und der Farc haben sich über einen wichtigen Punkt geeinigt: Die teils straffreie Entlassung von KindersoldatInnen aus den Lagern der Farc. Die Einigung ist Teil der Friedensgespräche. Bereits im Februar hatten die Farc angekündigt, keine unter 18-Jährigen mehr zu rekrutieren. Zuerst sollen alle unter 15-Jährigen entlassen werden und nach Möglichkeit nach Hause zu ihren Familien zurückkehren. Dies soll noch vor Unterzeichnung eines endgültigen Abkommens geschehen.
(von Cornelia Britt)
II. Monatsbericht: Mesa Social para la Paz: Kolumbianische Zivilgesellschaft fordert aktive Rolle im Aufbau des Friedens – Interview mit Marylen Serna, Congreso de los Pueblos
Am 3. Mai 2016 war Marylen Serna vom Congreso de los Pueblos in Bern zu Besuch. Die ask! ermöglichte Marylen ein Treffen beim EDA und mit JournalistenInnen und co-organisierte eine öffentliche Veranstaltung. Wir nutzten die Gelegenheit, uns mit Marylen über die verschiedenen Herausforderungen und Vorschläge der kolumbianischen Sozialbewegungen zu unterhalten. Bestimmende Themen sind die erneut sich verschärfende paramilitärische Gewalt gegen soziale Führungspersonen und FriedensaktivistInnen, die Anstrengungen der sozialen Organisationen, beim Friedensaufbau eine wichtigere Rolle spielen zu können sowie die Planung neuer breiter Mobilisierung, da die kolumbianische Regierung weiterhin frühere Abkommen nicht einhält.
(von Stephan Suhner)
http://www.askonline.ch/publikationen/monatsberichte/inteview-marylen-serna/
III. Apropos
Bevölkerung der Guajira mobilisiert gegen Umleitung des Flusses Bruno durch Cerrejón
Die Bevölkerung der Guajira und die Wayuu-Gemeinschaft mobilisieren gemeinsam mit Solidaritätsbewegungen im In- und Ausland gegen die Umleitung des Flusses „Bruno“. Unter anderem sind Veranstaltungen in Bern geplant (s. Veranstaltungshinweis). Um die Kohlenmine auszuweiten, erhielt Cerrejón die Bewilligung zur Umleitung von 3.6 km des Flusses Bruno. Geplant hat Cerrejón, woran Glencore zu einem Drittel beteiligt ist, weiter die Umleitung von 9.3 km des Flusses Bruno sowie Eingriffe in den Verlauf der Flüsse Cerrejón, Tabaco und Palomino. Verschiedene Gemeinschaften der Wayuu und AfrokolumbianerInnen und anliegende Gemeinden wie Albania und Maicao sind vom Fluss Bruno als Wasserquelle abhängig. Durch die Umleitung des Flusses werden negative Konsequenzen auf die Wasserversorgung der sowieso schon von Dürre bedrohten Region erwartet. Die Bevölkerung der Guajira fordert, dass die Gemeinschaften in die Vorbesprechungen der geplanten Eingriffe miteinbezogen und nachhaltige Lösungen für das Wasserproblem gesucht werden.
http://www.contagioradio.com/13-razones-para-no-desviar-el-arroyo-bruno-articulo-22780/
Das Centro Nacional de Memoria Histórica eröffnet virtuelles Archiv
Das Nationale Zentrum für Historische Erinnerung (Centro Nacional de Memoria Histórica CNMH) bietet seit Neustem ein virtuelles Archiv an, welches Zeugnisse von schweren Menschenrechtsverletzungen und Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht, die im Zusammenhang mit dem internen bewaffneten Konflikt in Kolumbien begangen wurden, sammelt. Archiviert ist eine Vielzahl an Dokumentationsmaterial, unter anderem Zeugenaussagen, Interviews, Briefe, Manuskripte, Zeitungspublikationen, Berichte aus Fernsehen und Radio, Fotografien, Audioaufnahmen, Bücher, Magazine und juristische Aufzeichnungen. Zusammengetragen wurden die Geschichtszeugnisse von Gemeinschaften, sozialen Organisationen, öffentlichen Institutionen und Forschenden des Centro Nacional de Memoria.
Weiterer Schritt in Richtung eines Abkommens
Am 12. Mai unterzeichneten VertreterInnen der Farc und der kolumbianischen Regierung ein Abkommen, das den künftigen Friedensvertrag juristisch absichern soll. Der Beschluss legt die Schritte fest, welche nach einer Unterzeichnung eines gemeinsamen Abkommens unternommen werden müssen. Das Ziel sei die Integration des Abkommens in das kolumbianische Rechtssystem, die Absicherung dessen Inhalte und die Gewährleistung der Einhaltung des kolumbianischen Rechts und des Völkerrechts. Die Schlussvereinbarung soll Teil der Verfassung und der Staatspolitik bilden. Verschiedene Oppositionsparteien begrüssten die Einigung als wichtige Massnahme. Die Unión Patriótica meinte, die Vereinbarung sei insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt bedeutend, da die Ultrarechte rund um den Senator und Ex-Präsidenten Álvaro Uribe gegen den Friedensprozess mobil macht und die Bevölkerung zum Widerstand gegen das Abkommen mit den Farc aufruft.
https://amerika21.de/2016/05/152867/zielgerade-friedensgespraeche
IV. Tipps und Hinweise
Solidaritätsfest für die indigenen Gemeinden der Wayuu in La Guajíra
Am Freitag 3. Juni ab 19 Uhr findet in der Reitschule ein Solidaritätsanlass statt, der die Mobilisierung der indigenen Gemeinden der Wayuu in der Region Guajira unterstützt. Die Wayuu wehren sich gegen die Umleitung des Flusses Bruno, eine der wichtigsten Wasserquellen der Region, welche vom multinationalen Minenkonzern „El Cerrejón“ geplant wird zur Ausbeutung der Kohlevorkommen vor Ort. Die gesamte Kollekte geht zu Gunsten der indigenen Gemeinschaft der Wayuu und deren Kampf gegen den Verkauf der Flüsse in Kolumbien.
Freitag 03. Juni 2016 19.00 – 00.30 Uhr in der Reitschule Bern
19 Uhr – Infoladen Reitschule: Diskussion über die aktuelle Situation des Friedensprozesses in Kolumbien mit Wayunkerra Epinayu Karmen Ramirez Boscan (Indigene Vorsitzende und Begründerin von Fuerza Mujeres Wayuu) und Badimir Meneses (Mitglied des Internationalen Forums für Opfer des bewaffneten Konflikts in Kolumbien).
21 Uhr – Kino in der Reitschule: Animationsfilm „Sabogal“ (Kolumbien, 2015, von Juan José Lozano und Sergio Mejia). Ein Justizthriller über einen Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivisten, der im Kolumbien der 2000er-Jahre gegen die vorherrschende Kriminalität kämpft.
22:30 Uhr – Konzert 1280 ALMAS (Kolumbien): Eine Mischung aus Ska, Punk, Rock, Reggae und karibischen Rhythmen mit kritischen Texten über die soziale und politische Situation in Kolumbien.
Detailliertes Programm: http://www.askonline.ch/fileadmin/user_upload/documents/Veranstaltungen/Programa_final.pdf
Redaktion: Cornelia Britt
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