Kolumbien-aktuell No. 569 und Monatsbericht | April 2017

Liebe Leserinnen und Leser  Nach wie vor sind Politik und Gesellschaft in Kolumbien tief gespalten. Die Gegner des Friedensabkommens mit den FARC setzen dabei alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel ein, den Friedensprozess zu sabotieren. Befürworter wie Gegner versuchen dabei auch international Stimmung für oder gegen den Friedensprozess zu mobilisieren. Die Bevölkerung fühlt sich dabei […]

Liebe Leserinnen und Leser

 Nach wie vor sind Politik und Gesellschaft in Kolumbien tief gespalten. Die Gegner des Friedensabkommens mit den FARC setzen dabei alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel ein, den Friedensprozess zu sabotieren. Befürworter wie Gegner versuchen dabei auch international Stimmung für oder gegen den Friedensprozess zu mobilisieren. Die Bevölkerung fühlt sich dabei von der Politik oft übergangen. Das Friedensabkommen mit den FARC wurde ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft abgeschlossen und bei den Verhandlungen mit der ELN stellt sich die Regierung von Präsident Santos vehement gegen eine Beteiligung von Vertretern der Zivilbevölkerung. Derweil arbeiten Basis- und zivilgesellschaftliche Organisationen weiterhin unermüdlich an einem Frieden von unten.

 Solidarische Grüsse aus der Redaktion!

I. Artikel

Friedensprozess unter Beschuss

Öffentlich stellt sich die kolumbianische Regierung hinter das Friedensabkommen mit den FARC und verhandelt auch mit der ELN über einen Friedensvertrag. Die Umsetzung des Friedensabkommens wird jedoch verzögert und verschleppt, die Verhandlungen mit der ELN kommen kaum voran. Zudem setzen der ehemalige Präsident Álvaro Uribe und sein Umfeld sich offen gegen den Friedensprozess ein. Ein Scheitern jedoch würde die Kluft in der kolumbianischen Gesellschaft weiter aufreissen.

(Von Fabian Dreher)

http://www.askonline.ch/themen/friedensfoerderung/friedensverhandlungen/friedensprozess-unter-beschuss/

Die Gemeinschaften in der Guajira zwei Jahre nach dem Besuch mit dem Management von Glencore

Ziemlich genau zwei Jahre nach dem Besuch der Mine Cerrejón zusammen mit dem Management von Glencore und zwei Bürgern aus dem zürcherischen Säuliamt besuchte ich während zweier Tage verschiedene Gemeinschaften im Einflussbereich der Kohlemine Cerrejón. Es waren dies Campoalegre, Casitas Viejo, Roche Nuevo, Provincial und Tamaquito. Mir fiel schnell auf, wie wenig Fortschritt in verschiedenen Themen gemacht wurde (kritische Situation in den neuen Siedlungen bezüglich Wasser, Einkommensschaffung und Zustand der Häuser) und wie Cerrejón immer wieder dieselben Fehler begeht (kein Land für die Tiere, viele Familie sind nicht umsiedlungsberechtigt etc.) oder dieselben schädlichen Praktiken anwendet, die zu Zwist und Spaltung in den Gemeinschaften führen. Der grosse Lichtblick bleibt Tamaquito, da die Gemeinschaft weiterhin geeint ist, eine sehr gute Führungsperson hat und klare Verhandlungsziele beharrlich verfolgt.

(Von Stephan Suhner)

http://www.askonline.ch/themen/wirtschaft-und-menschenrechte/bergbau-und-rohstoffkonzerne/el-cerrejon-und-xstrata/die-gemeinschaften-in-der-guajira-zwei-jahre-nach-dem-besuch-mit-dem-management-von-glencore/

II. Monatsbericht: Frieden von unten

„Ich bin heute hier, um Ihnen meine Angst vor der Zukunft ihres Landes mitzuteilen“

Todd Howland, UNO-Menschenrechtskoordinator für Kolumbien

Gedanken und Interview zum Friedensprozess aus der Sicht von unten

(Von Peter Stirnimann)

http://www.askonline.ch/publikationen/monatsberichte/ich-bin-heute-hier-um-ihnen-meine-angst-vor-der-zukunft-ihres-landes-mitzuteilen/

III. Apropos

Schlammlawine in Mocoa fordert über 300 Todesopfer

Nach schweren Regenfällen ist es im Süden Kolumbiens zu Überschwemmungen gekommen. Eine Schlammlawine hat dabei in Mocoa, Putumayo über 300 Menschen unter sich begraben. Zahlreiche Häuser wurden zerstört. Während für die nationale Regierung der Klimawandel die Schuld trägt, sehen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen die Verantwortung vor allem bei der Abholzung für Viehhaltung, legalem und illegalem Rohstoffabbau sowie den Strassenbau.

Wiederaufbauhilfen wurden versprochen, bis jetzt beklagen die BewohnerInnen von Mocoa jedoch das schleppende Eintreffen der Katastrophen- und Wiederaufbauhilfe.

http://www.contagioradio.com/no-fue-desastre-natural-lo-ocurrido-mocoa-articulo-38697/

http://www.ibtimes.co.uk/climate-change-deforestation-blamed-colombia-landslide-rescue-work-continues-1614962

http://www.telesurtv.net/news/Ascienden-a-323-los-fallecidos-por-avalancha-en-Mocoa-Colombia-20170418-0057.htm

http://www.semana.com/nacion/articulo/mocoa-avenida-colombia-reconstruccion-economica-de-mocoa/522095

Lokaler Widerstand gegen Rohstoffabbau und Grossprojekte

Nachdem Ende März 2017 97 Prozent der Stimmbürger Gemeinde Cajamarca, Tolima sich gegen eine Goldmine auf ihrem Gemeindegebiet ausgesprochen haben, versuchen auch weitere Gemeinden, mittels Volksbefragung den Rohstoffabbau auf ihrem Gebiet zu verhindern. Allerdings ist die rechtliche Verbindlichkeit solcher Referenden umstritten.

Verschiedene Minen und Abbauvorhaben sind wegen Verletzungen von Umweltgesetzen und Menschenrechten unter Druck, gleichzeitig verklagt der kanadische Minenkonzern Kolumbien über 700 Millionen US-Dollar für Auseinandersetzungen im Umfeld von Goldminenvorhaben des Konzerns. Die kolumbianische Regierung verteidigt den Rohstoffabbau als wertvollen Beitrag zur Wirtschaft des Landes.

http://www.oncediario.com.ar/clientes/diario11/index.php?option=com_content&view=article&id=18477:colombia-futuro-de-cajamarca-entre-la-mineria-y-la-agroindustria&catid=64:internacionales

http://www.razonpublica.com/index.php/economia-y-sociedad/10148-pueden-usarse-las-consultas-populares-para-impedir-la-miner%C3%ADa.html

http://www.miningpress.com/nota/306912/colombia-proyectos-mineros-y-energeticos-van-a-consulta-en-21-municipios

http://www.razonpublica.com/index.php/politica-y-gobierno-temas-27/10165-consultas-populares-contra-la-miner%C3%ADa-un-desprop%C3%B3sito-jur%C3%ADdico-econ%C3%B3mico-y-ambiental.html

http://www.diariodelhuila.com/regional/suspenden-mineria-en-rio-magdalena-cdgint20170401184330117

http://blogs.eltiempo.com/biogenic-colombia/2017/04/15/la-explotacion-de-oro-en-colombia-conflicto-armado-y-efectos-al-medio-ambiente/

http://debatepost.com/2017/04/14/canada-mining-company-is-suing-colombia-for-700-million/

http://www.miningpress.com/debate/306970/viceministro-de-minas-colombia-mineria-bien-hecha-es-posible

Kokaanbau: Der Ersatz gestaltet sich schwierig

Gemäss dem Friedensvertrag zwischen der kolumbianischen Regierung und den FARC sollen die Kokaplantagen in den ehemals von den FARC kontrollierten Gebieten durch andere, legale Nutzpflanzen ersetzt werden. Bereits in der Vergangenheit wurde versucht, Kokabauern mit legalen Nutzpflanzen ein Ersatzeinkommen zu bieten. Der Ersatz der schätzungsweise 150-200‘000 Hektar Koka wird sich jedoch schwierig gestalten.

http://www.ipc.org.co/agenciadeprensa/index.php/2017/04/06/la-erradicacion-forzada-choca-de-frente-con-el-proceso-de-sustitucion/

https://www.wola.org/es/analisis/confrontando-el-boom-de-la-coca-en-colombia-requiere-paciencia-y-compromiso-con-los-acuerdos-de-paz/

http://www.eltiempo.com/multimedia/especiales/la-coca-y-la-paz/16764687/1/

Wahrheitskommission und Einheit zur Suche nach Verschollenen

Anfang April 2017 unterzeichnete Präsident Santos mehrere Gesetzesdekrete zur Schaffung einer Wahrheitskommission sowie einer Einheit zur Suche nach Verschollenen. Aufgabe der Wahrheitskommission ist es, Ereignisse und Verantwortlichkeiten des bewaffneten Konflikts zu untersuchen. Die Einheit zur Suche nach Verschollenen soll vermisste Personen aufspüren und, sollten sie noch Leben, wieder mit ihren Angehörigen zusammenbringen.

Die Schaffung der Kommission sowie der Einheit wurden im Rahmen des Friedensvertrags zwischen Regierung und FARC vereinbart. Das Parlament Kolumbiens hat die entsprechenden Gesetze im März 2017 verabschiedet.

http://www.eltelegrafo.com.ec/noticias/mundo/9/santos-crea-comision-de-verdad-y-unidad-de-desaparecidos-en-colombia

http://www.ipc.org.co/agenciadeprensa/index.php/2017/04/06/firmados-decretos-para-comision-de-la-verdad-y-unidad-de-busqueda-de-desaparecidos-2/

IV. Tipps und Hinweise

Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien: Informationsarbeit dank Mitgliedern und Spenden

Seit 30 Jahren informiert die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien unermüdlich zu Kolumbien und verleiht so der kolumbianischen Zivilgesellschaft eine Stimme in der Schweiz und in Europa. Dank dieser Informationsarbeit sind Politik, Medienschaffende und Gesellschaft in der Schweiz und Europa über die Anliegen der kolumbianischen Zivilbevölkerung informiert.

Unsere Mitglieder und Spenden finanzieren einen Grossteil dieser Arbeit. Dafür möchten wir uns bei unseren Mitgliedern, Spenderinnen und Spendern bedanken. Gerne begrüssen wir Sie als neues Mitglied der ask! Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien. Für Ihre Spende danken wir herzlich!

V.   Lesenswerte Artikel

 

–       Wie Indigene ihre Gebiete vor dem bewaffneten Konflikt beschützen: http://m.elcolombiano.com/guardia-indigena-lucha-contra-conflicto-armado-en-resguardos-de-colombia-MD6252835

–       Die Verantwortung Europas an den Menschenrechtsverletzungen im Umfeld des Rohstoffabbaus in Kolumbien: http://lateinamerika-nachrichten.de/?aaartikel=seien-sie-keine-komplizen

–       Quecksilberschmuggel für den illegalen Rohstoffabbau: http://www.eltiempo.com/justicia/investigacion/mineria-ilegal-usa-mercurio-en-regla-76266

–       Probleme der Dezentralisierung in Kolumbien: http://www.razonpublica.com/index.php/regiones-temas-31/10151-la-descentralizaci%C3%B3n-d%C3%B3nde-est%C3%A1-el-problema.html ebenso http://www.razonpublica.com/index.php/economia-y-sociedad/10183-las-ra%C3%ADces-del-problema-de-la-descentralizaci%C3%B3n.html

 

Redaktion: Fabian Dreher

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