Steinkohle-Bergbau in Kolumbien – Factsheet der Deutschen Menschenrechts-koordination Kolumbien (MRKK)

Steinkohleeinfuhren aus Kolumbien nach Deutschland haben seit Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine sprunghaft zugenommen. Dabei sind die Folgekosten für Mensch, Umwelt und Klima in den Kohlerevieren enorm. In unserem Factsheet zeigen wir die vielschichtigen Negativauswirkungen des Kohleabbaus in Kolumbien auf und formulieren klare Forderungen an die deutsche Politik und die Energieunternehmen, die die Kohle ankaufen, um Menschenrechte, Umwelt und Klima besser zu schützen.

Steinkohle aus Kolumbien: Deutsche Energiesicherheit auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima in den Abbauregionen?

Steinkohleeinfuhren aus Kolumbien nach Deutschland haben seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine sprunghaft zugenommen: Bereits Ende Juni 2022 hatte Deutschland mehr kolumbianische Kohle als im gesamten Jahr 2021 importiert – über zwei Millionen Tonnen. Die Kosten sind enorm: Flüsse trocknen aus, Menschen erkranken durch Kohlestaub, Gemeinden werden zwangsumgesiedelt, Menschenrechtsverteidiger*innen bedroht. Deutsche Energieunternehmen tragen mit dem Ankauf der Kohle zu Menschen- und Umweltrechtsverletzungen bei, schädigen das Klima und zementieren neokoloniale Ausbeutungsverhältnisse.

Bergbau ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Kolumbiens. Der Sektor generiert rund 30 Prozent aller Exporterlöse. Steinkohleabbau spielt dabei eine wesentliche Rolle: Mit über 57 Millionen Tonnen war Kolumbien 2021 weltweit sechstgrößter Kohleexporteur. Die bedeutendsten Fördergebiete sind die Departments Cesar und La Guajira im Norden des Landes. Die dort gewonnene Steinkohle wird vor allem nach Europa verschifft.

Deutschland gilt als einer der größten Kohleimporteure Europas und deckt 8,5 Prozent seines Energiebedarfs mit Steinkohle. Besonders die großen Energieunternehmen EnBW, RWE, STEAG und Uniper verbrennen neben Importen aus den USA, Russland und Australien auch Steinkohle aus Kolumbien.

Wohlstand und Entwicklung hat der Bergbau den Kohlegebieten kaum gebracht, obwohl die Unternehmen dies seit fast 40 Jahren versprechen: La Guajira und Cesar gehören zu den ärmsten Regionen Kolumbiens. 67 bzw. 56 Prozent der Bevölkerung leben hier in Armut – vor allem afrokolumbianische und indigene Gemeinden.

Gemeinden in den Kohlerevieren prangern seit Jahren Einschüchterungen, Todesdrohungen durch paramilitärische Gruppen und exzessive Gewalt bei Zwangsumsiedlungen durch Polizei, Militär und private Sicherheitsdienste an. Seit Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Regierung Kolumbiens und der Guerilla-Gruppe FARC im November 2016 wurden in Cesar und La Guajira über 42 Menschenrechtsverteidiger*innen ermordet.

Die Kohleunternehmen kommen ihren Sorgfaltspflichten nur mangelhaft nach. Vereinbarungen mit Gemeinden werden missachtet, Gerichtsverfahren verzögert. Dutzendfach haben Gerichte in Kolumbien Menschen- und Umweltrechtsverletzungen durch die Kohleförderung bestätigt und Betroffenen Wiedergutmachung zugesprochen, aber Unternehmen und Behörden haben die Urteile bis heute kaum umgesetzt.

 

Foto: © María Carolina Matiz – Colectivo de Abogados José Alvear Restrepo (CAJAR)

Sprecher einer Wayúu-Gemeinde, die den Fluss Bruno verteidigt. Der Fluss wurde ab 2016 von Cerrejón auf einer Länge von 3,6 Kilometern umgeleitet, um in seinem natürlichen Bett Steinkohle abzubauen. Das kolumbianische Verfassungsgericht setzte die Erweiterung des Tagebaus 2017 aus. Im April 2022 genehmigten Behörden mit einem methodisch mangelhaften Gutachten, dass Cerrejón im Flussbett des Gewässers Steinkohle abbauen darf. Das Bild zeigt den Tagebau-Abschnitt Tajo La Puente. Der Bruno ist von hier nur rund hundert Meter entfernt.