Stellungnahmme ask!: Friedensprozess gefährdet – Ex-Chefunterhändler Ivan Marquez kündet neue FARC-EP Guerilla an

Ex-Chefunterhändler Ivan Marquez kündet neue FARC-EP Guerilla an – Friedensprozess in Kolumbien stark gefährdet Am 29. August 2019 kündigte der ehemalige Chefunterhändler und Nummer zwei der ehemaligen Guerilla FARC-EP, Iván Márquez, gemeinsam mit weiteren ehemaligen Führungspersonen der FARC die Wiedergeburt und -bewaffnung der Guerilla an. Wegen dem Verrat der Regierung Kolumbiens am Friedensabkommen von 2016 […]

Ex-Chefunterhändler Ivan Marquez kündet neue FARC-EP Guerilla an – Friedensprozess in Kolumbien stark gefährdet

Am 29. August 2019 kündigte der ehemalige Chefunterhändler und Nummer zwei der ehemaligen Guerilla FARC-EP, Iván Márquez, gemeinsam mit weiteren ehemaligen Führungspersonen der FARC die Wiedergeburt und -bewaffnung der Guerilla an. Wegen dem Verrat der Regierung Kolumbiens am Friedensabkommen von 2016 seien die FARC-EP gezwungen, wieder zu den Waffen zu greifen. Márquez erwähnt dabei die seit der Unterzeichnung des Friedenabkommens über 500 ermordeten sozialen Führungspersonen, die 150 ermordeten ehemaligen KämpferInnen der FARC, die mangelnden juristischen Garantien und die einseitigen Vertragsänderungen sowie die verweigerte Umsetzung von Agrarreform und freiwilliger Kokasubstitution durch die Regierung.

Im 32-minütigen Video auf Youtube beruft sich Iván Márquez, unterstützt durch die ehemaligen FARC-Kommandanten Jesús Santrich, El Paisa und Romaña, auf das Recht auf Rebellion der Unterdrückten und verspricht, für ein würdiges Leben und eine gute Regierung zu kämpfen.

Die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien (ask!) nimmt zu dieser nicht völlig überraschenden Wiederbewaffnung von Teilen der FARC-EP wie folgt Stellung:

Die grosse Mehrheit der ehemaligen Kommandanten und KämpferInnen der FARC stehen weiterhin zum Friedensabkommen und engagieren sich aktiv für eine erfolgreiche soziale, wirtschaftliche und politische Wiedereingliederung in die kolumbianische Gesellschaft.

Der Wiedereingliederungsprozess der ehemaligen FARC-Mitglieder ist auf verschiedene Schwierigkeiten gestossen: unzureichend ausgestattete Demobilisierungs- und Übergangszonen, Verzögerungen bei der Amnestie für inhaftierte KämpferInnen, fehlende Investitionen für einkommensgenerierende Projekte und juristische Unsicherheiten.

Zusammen mit den zahlreichen Morden an ehemaligen Mitgliedern der Guerilla führten diese Schwierigkeiten dazu, dass viele ehemalige FARC-KämpferInnen die Übergangszonen verliessen. Ein Bericht der Stiftung FIP hält jedoch fest, dass nur ein sehr kleiner Teil der ehemaligen Mitglieder der Guerilla in illegale Aktivitäten verstrickt sind. Friedensprozesse und Postkonfliktphasen sind langwierig und schwierig. Gewalt und Umsetzungsverzögerungen nicht selten. Kolumbien steht trotz Schwierigkeiten und Verzögerungen in der Umsetzung im internationalen Vergleich gut da.

Aufruf für verstärkte Friedensanstrengungen

Vor diesem Hintergrund ruft die ask! die kolumbianische Zivilgesellschaft auf, sich noch stärker für den Frieden und die Rettung des Friedensabkommens einzusetzen und nicht den Rufen der Kriegstreiber zu erliegen. Die politische Partei der FARC rufen wir dazu auf, eindringlich darauf hinzuwirken, dass die ehemaligen KämpferInnen und Kommandanten im Reintegrationsprozess verbleiben.

Die Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes durch Ivan Márquez und seine Mitstreiter halten wir – obwohl teilweise nachvollziehbar – für einen krassen Fehlentscheid, stärkt er doch nur die Friedensgegner und Kriegstreiber in der kolumbianischen Gesellschaft. Wir rufen sie inständig auf, von ihrem Vorhaben abzusehen und die Garantien zu suchen, um in den Friedens- und Reintegrationsprozess zurückzukehren.

Die Regierung Kolumbiens von Präsident Duque fordern wir auf, den staatlichen Verpflichtungen im Rahmen des Friedensabkommens vollumfänglich und rasch nachzukommen, und dabei insbesondere die Sicherheit und das Leben der ehemaligen Mitglieder der FARC-Guerilla und der sozialen Führungspersonen zu gewährleisten. Ebenso fordern wir sie auf, eine allfällige Rückkehr der Mitglieder der neuen FARC-EP in den Friedensprozess zu ermöglichen. Zudem fordern wir alle Parteien zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur bedingungslosen Einhaltung des humanitären Völkerrechts auf.

Die Internationale Gemeinschaft, namentlich die Schweiz, die Europäische Union und die UNO, fordern wir auf, den Friedensprozess noch näher zu begleiten und zu überwachen.

ask! – Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien

s. http://www.askonline.ch/home/

sowie themenverwandt:

Wiedereingliederung und Sicherheit der ehemaligen FARC-KämpferInnen

Mehr als zwei Jahre nach der Demobilisierung steht die Wiedereingliederung der ehemaligen FARC-KämpferInnen immer noch am Scheideweg. In der gegenwärtigen Wahlkampfphase nehmen Drohungen, Gewalt und Morde an FARC-Mitgliedern laufend zu und gefährden damit die gesellschaftliche Wiedereingliederung. Die Stiftung Ideen für den Frieden (FIP) hat den Stand der Wiedereingliederung untersucht und Empfehlungen zur Verbesserung von Sicherheit sowie sozialer und ökonomischer Wiedereingliederung formuliert.

(Von Fabian Dreher)

http://www.askonline.ch/themen/friedensfoerderung/konfliktdynamik-und-bewaffnete-akteure/wiedereingliederung-und-sicherheit-der-ehemaligen-farc-kaempferinnen/